Sonntag, 25. September 2016

Vier Bücher für ... die letzten Sommertage.

Na, Hallo! Was bist denn du? Doch nicht etwa ein neuer Beitrag in der jungfräulichen "Vier Bücher für ..."-Kategorie, die ich mit viel Applaus eingeführt und dann vernachlässigt habe? Das ist auch der Grund, warum ich kein Haustier habe. Oder warum es gut ist, dass sich Herr Gatsby auch um sich selber kümmern kann.

Naja. Jedenfalls. Es ist Ende September und draußen scheint die Sonne. 20 Grad, liebe Kinder! T-Shirt-Wetter! Es gibt nichts besseres als sich übers Wetter zu unterhalten, wenn man nicht weiß, über was man sich unterhalten soll. Um dem entgegenzuwirken sprechen wir lieber über Bücher. Und zwar Bücher, die perfekt zum Wetter passen. Ist das ein Fall für "Zwei Fliegen, eine Klappe"? Die nachfolgenden vier Bücher eignen sich auf jeden Fall vorzüglich dafür, das Sommergefühl in die Länge zu ziehen. Oder auch, um das Fernweh nach dem nächsten Urlaubsziel zu vergrößern. Und wenn nächste Woche doch der richtige Herbst hier einzieht, können wir uns immer noch das Gefühl der Sonnenstrahlen auf unserer Haut ins Gedächtnis rufen, während wir eingemummelt mit Decke und Tee auf der Couch liegen. 

Hier nun also:


Nachtzug nach Lissabon von Pascal Mercier.
Es ist schon sehr lange her, da ist dieses Buch gelesen habe. Ich habe auch erst den Film gesehen, vielleicht hat mich das stark beeinflusst, weil ich gar kein wirkliches Bild von Lissabon in meinem Kopf habe, ich war da noch nie. Aber "Nachtzug nach Lissabon" ist wohl eines der Bücher, bei deren Erwähnung ich mich am liebsten in den nächsten Zug setzen möchte, um nach Lissabon zu fahren. Wenn das mal nicht nach einem verlängerten Sommer schreit.  
Originalausgabe - Erschienen bei btb - April 2006
New York Diaries – Claire von Ally Taylor.
Da ich "Mein bester letzter Sommer" nicht schon wieder in diese Kategorie einbauen kann (warum eigentlich nicht?), nehm ich einfach ein anderes Buch der Autorin. Ally Taylor ist nämlich ein Pseudonym von Anne Freytag. Und "New York Diaries – Claire", welches ich erst heute beendet habe, ist der erste Band einer neuen Reihe, die sich um ein heruntergekommenes Gebäude in New York dreht. Beziehungsweise um dessen Bewohner. Bei Claire findet man alle Irrungen und Wirrungen, die zu einer Liebesgeschichte in New York gehören. Und natürlich ist es heiß. Sowohl temperaturmäßig als auch zwischenmenschlich. Und ich packe meinen Koffer, sobald mein Sparschwein dick genug ist, um endlich mal nach New York zu kommen ... 
Originalausgabe - Erschienen bei Knaur - Oktober 2016
Die vier Jahreszeiten des Sommers von Grégoire Delacourt.
Ein Sommer. Ein Strand. Ein nordfranzösischer Badeort. Viermal geht es um die Liebe. Viermal zeigt sie sich in ihren unterschiedlichen Facetten. Die erste Liebe. Die letzte Liebe. Herzschmerz. Leidenschaft. Dieses Buch strotzt vor Gegensätzen und Schattierungen. Die perfekte (Sommer-)Lektüre für alle, die wissen, dass Liebe mehr ist als das happy end im Märchen. Und durch die Prise Meer ein fantastischer Sommerverlängerer. 
Originaltitel: Les quatre saisons de l'été - Aus dem Französischen von Claudia Steinitz - Erschienen bei Atlantik - Juli 2016
Jeden Tag, jede Stunde von Nataša Dragnić.
Seit "Bora" kann ich nicht genug von kroatischen Meer-Büchern bekommen. Nataša Dragnić liefert genau den Stoff, den ich brauche. Es gibt Meer, es gibt Strand, es gibt Leidenschaft und Leben. Es gibt eine Liebe, die den Widrigkeiten des Lebens trotzt und daran scheitert. Solche Bücher brauche ich, um durch den dunklen Herbst zu kommen. Um mich auf eine Insel zu träumen und zwischen den Seiten zu zergehen. 
Originalausgabe - Erschienen bei btb - Mai 2012

Freitag, 23. September 2016

Deutscher Buchpreis 2016 - Die Shortlist #dbp16

Die Shortlist zum Deutschen Buchpreis 2016 ist da! Gut. Schon seit Dienstag, aber hey! Berufstätige Menschen können nicht alles stehen und liegen lassen, um einen ausgefeilten Blogbeitrag über die Shortlist zu schreiben. Also. Andere können das bestimmt. Ich kann das nicht. Deswegen ist heute Freitag und die Neuigkeiten sind gar nicht mehr so neu, aber noch längst nicht alt.

Dieses Jahr haben es zwei meiner Favoriten auf die Shortlist geschafft. Wenn ich jetzt den Gewinner vorhersagen müsste, würde ich weiterhin auf "Die Welt im Rücken" von Thomas Melle setzen. Und ihr so? Auf welches Bücherpferd setzt ihr euer Jahresgehalt? 

Für die visuellen Menschen hier ein Überblick:


Für schriftliche Menschen hier ein Überblick:

Fremde Seele, dunkler Wald von Reinhard Kaiser-Mühlecker.
Das Buch steht sogar auf der Longlist des Österreichischen Buchpreises. Verrückt. Die Leseprobe hat mich nicht so gezeigt und ich bleib erstmal bei diesem Urteil, bis ich vom Gegenteil überzeugt werde.

Widerfahrnis von Bodo Kirchhoff.
Als Freundin der Frankfurter Verlagsanstalt freut es mich gar sehr, dass ein Buch aus diesem Hause auf der Shortlist steht. Und weil es um eine Fahrt Richtung Süden geht, möchte ich es auch weiterhin gerne lesen.

Skizze eines Sommers von André Kubiczek.
Wenn ich das Cover nochmal genauer angucke, erinnert es mich irgendwie an die Graphic Novel "Rein in die Fluten!". Hauptsache blau. Weiterer Erinnerungspunkt: Der Klappentext klingt ein bisschen nach "Tschick", aber "Tschick" mochte ich gar nicht so gerne (Entschuldigung). Trotzdem möchte ich in die Sommerskizzen reinlesen.

Die Welt im Rücken von Thomas Melle.
Yay! Mein Favorit hat es auf die Shortlist geschafft! Ich möchte auch weiterhin bitte, dass Herr Melle gewinnt. Auf meiner imaginären Leseliste ist "3000 Euro" auf jeden Fall schon auf Platz 1 vorgerückt. Wenn ich denn dann mal meine anderen angefangenen Bücher mal beende.

Ein langes Jahr von Eva Schmidt. 
Da weiß ich leider weiterhin nicht, was ich davon halten soll. Die Leseprobe war irgendwie so nichtssagend. Hat jemand das Buch schon gelesen? Kann man mir einen besseren Eindruck verschaffen?

Hool von Philipp Winkler. 
Von meinem "Vielleicht weiterlesen"-Urteil bin ich jetzt auf ein "Ja, lesen!"-Urteil hochgesprungen. Das ist doch auch mal was. Die Umsetzung dieses Planes kann sich aber noch ein wenig ziehen.

Sonntag, 11. September 2016

Der Jonas-Komplex von Thomas Glavinic


Originalausgabe - Erschienen bei S. FISCHER - 2016

Ein Jahr im Leben eines Wiener Schriftstellers, zwischen Drogen, Alkohol und Frauen. Ein Abenteuer, das Jonas und seine große Liebe Marie bis zum Südpol führen soll. Und ein dreizehnjähriger Junge, der leidenschaftlich Schach spielt, um seinem Alltag zu entfliehen. Dazu Nebenfiguren wie aus einem Tarantino-Film: Ein Anwalt der Hells Angels, ein WingTsun-Großmeister und eine Mörderin, die die Leichen ihrer Liebhaber mit einer Kettensäge zerlegt. Die wirkliche Welt trifft auf die Sehnsucht nach einem anderen Leben. Und Thomas Glavinic gelingt das große Kunststück, all das in einen mitreißenden Roman über die entscheidenden Fragen zu verwandeln: Wer will ich sein? Und habe ich den Mut, die richtigen Entscheidungen dafür zu treffen?

Hallo, mein Name ist Marina und ich bin ein Glavinic-Fangirl. Trotzdem hat es eine Weile gedauert, bis ich mich an das neue Werk herangetraut habe. Oder vielleicht gerade deswegen. "Das größere Wunder" ist eines meiner Lieblingsbücher, wobei "Die Arbeit der Nacht" wohl noch eine Treppenstufe darüber steht. Bei so viel Vorschusslorbeeren kann man schon mal vor Ehrfurcht erstarren und das Buch einfach nur im Regal stehen haben. Doch eine sieben Stunden lange Zugfahrt eignet sich vorzüglich dafür, ein Buch aus dem Olymp herunterzuholen. Oder so ähnlich.

"Der Jonas-Komplex" also. Jonas, unser aller Lieblingsprotagonist, der dieses Mal nicht nur denselben Namen wie der Protagonist aus "Das größere Wunder" hat, sondern auch eben jene Figur ist, steht nach der (Nicht-)Besteigung des Mount Everest vor der nächsten Herausforderung. Marie möchte gemeinsam mit ihm zum Südpol. Obwohl Jonas vor keinem noch so großen Abenteuer zurückschreckt, hat er dieses Mal doch kein gutes Gefühl bei der Sache. Warum zum Südpol? Warum nur die beiden ohne Guide? Um diesen Fragen zu entfliehen, lässt sich Jonas von seinem Anwalt verstecken. Immer wieder wacht er an unbekannten Orten auf und versucht von dort aus nach Hause zu kommen. Auch eine Art, sich auf eine Südpol-Expedition vorzubereiten. Denn von dieser lässt sich Marie nicht abbringen. Und so ziehen die beiden doch noch los.

Weststeiermark. 1985. Eine andere Geschichte. Kein Jonas, nirgends. Dafür ein Junge, der bei einer Frau lebt. Ein Außenseiter. Ein Schachspieler. Die Frau, vom Jungen Uriella genannt, bringt jeden Abend einen anderen Mann mit nach Hause. Vom Jungen selbst bekommt sie in ihrem Alkohlrausch nur selten etwas mit. Der entflieht dem Alltag durch sein Schachbrett. Und durch die kurze Freundschaft mit Baby, einem alten Mann, der Angst hat. Ein Baby eben.

Die dritte Handlungsebene – die Geschichte eines Wiener Schriftstellers. Ein Jahr lang erleben wir seinen Drogenkonsum hautnah mit, denn das ist wohl der Hauptbestandteil dieser Episoden. Drogen. Er führt Buch darüber, an welchen Tagen er keine Drogen genommen, keinen Alkohol getrunken hat. Er wacht verkatert neben fremden nackten Frauen auf. Er reist in die USA, nach Rom, kümmert sich liebevoll um seinen Sohn, besucht eine Mörderin im Gefängnis und landet im Krankenhaus.

"Die Tür geht auf. Ein Arzt tritt ans Bett und gibt mir die Hand. 'Schöne Bücher', sagt er. 'Schlechter Lebenswandel.'" (S. 621)

Wer Thomas Glavinic im Internet verfolgt, der kommt nicht umhin, die eine oder andere Parallele zwischen diesem Wiener Schriftsteller und dem Autor selbst zu ziehen. Schon in "Das bin doch ich" verschwammen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion, in "Der Jonas-Komplex" geht das Ganze noch eine Stufe weiter. Vielleicht empfinde ich das auch nur so, weil ich seitdem über Thomas Glavinic weiß. Weil ich im intensiver folge. Vielleicht ist das aber auch alles nur Fassade. Vielleicht sind all die Instagram-Bilder, all die Facebook-Posts nur gestellt, damit die Realität zur Fiktion passt. Wer weiß. Ich will auch gar nicht wissen, wie viel vom echten Thomas Glavinic in "Der Jonas-Komplex" steckt. Das Buch funktioniert auch ohne dieses Wissen. Und es funktioniert. Jedenfalls streckenweise.

Oberflächlich betrachtet haben die drei Geschichten nichts miteinander zu tun. Ich selbst würde behaupten, es geht ums Suchen. Um das Suchen nach der eigenen Identität, nach einem Zuhause, nach einem anderen Leben. Und deswegen passt für mich der schachspielende Junge nicht richtig rein. Diese Passagen haben mich beim Lesen immer herausgerissen, was auch daran liegt, dass ich neunmalkluge Kinder in Büchern immer furchtbar anstrengend finde. Der Junge sucht nicht oder wenn, dann steht er erst am Anfang einer Suche. Er bleibt passiv und bleich, im Gegensatz zu den anderen zwei Geschichten langweilt mich hier der Protagonist. Vielleicht ist das als Kontrast zu dem Extrem-Abenteurer Jonas und dem Extrem-Schriftsteller ganz in Ordnung.

Für mich kommt "Der Jonas-Komplex" nicht ganz an Bücher wie "Die Arbeit der Nacht" oder "Das größere Wunder" heran. Trotzdem ist es herrlich, Thomas Glavinic beim Bearbeiten des Stoffs zuzusehen. Und ein Bearbeiten ist es, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich sehe einen Thomas Glavinic vor mir, der einen Felsen mit Hammer und Meißel bearbeiten, um daraus ein Buch zu formen. Das ist gelungen. Mit Ecken und Kanten, aber gelungen.

(Eine Anekdote am Rande. Ich hab das Buch nicht während der Zugfahrt beendet, sondern einige Tage später, als wir Abends in Budapest auf der Margareteninsel saßen. Das war dann ein schierer Gewaltakt, weil es so früh dunkel wurde, ich das Buch aber unbedingt noch fertig lesen wollte. Was dann dazu führte, dass ich mich auf der Parkbank komplett verrenkt habe, um im Schein der Straßenlaterne noch etwas erkennen zu können ...) 

Sonntag, 4. September 2016

Neu im Bücherregal - Die August-Bücher 2016

Acht kleine Bücher, die wohnen jetzt neu bei mir. Diesen Satz solltet ihr bitte mit der Melodie von "Zehn kleine Negerlein" in eurem Kopf singen. Oder doch lieber "Zehn kleine Jägermeister". Mit ein bisschen Fantasie passt das auch in die Melodie. Bei mir tut es das jedenfalls. Wie es schon wieder so viele Bücher sein konnten, die ich im August gekauft oder anderweitig erhalten habe, das weiß ich selber nicht. Statt einem Buchkaufverbot sollte ich wohl eher über eine Bücherregaloptimierung nachdenken. Vielleicht muss ich mal wieder radikal ausmisten. Mit dem Ergebnis, dass ich mich von zwei Büchern trenne. Ich kenn mich doch.

Habt ihr eins der August-Bücher schon gelesen? Und Hand aufs Herz – Wie viele neue Bücher sind im August bei euch eingezogen? Lasst mich hier nicht allein blank ziehen!



Samstag, 3. September 2016

Deutscher Buchpreis 2016 – Die Longlist #dbp16

Mit Traditionen soll man nicht brechen. Und meine allerliebste Tradition rund um den Deutschen Buchpreis ist die, dass ich mich unendlich darüber beklage, dass ich das Heft mit den Leseproben nirgends finde. Bis es dann irgendwann beim hundersten Besuch in einer Buchhandlung plötzlich vor mir liegt. Am Freitag war es endlich soweit. Bei Hugendubel am Stachus gab es sogar einen ganzen Tisch zum Deutschen Buchpreis – mit Leseproben-Heften! Vielen davon! Man könnte fast sagen, dass es mehrere Stapel gab. Verrückt! 

Die letzten Tage habe ich nun also alle zwanzig Leseproben der nominierten Titel für den Deutschen Buchpreis 2016 gelesen, Lieblingssätze unterstrichen, Inhaltszusammenfassungen geschrieben und zum Abschluss eine tiefgehende Bewertung der Leseproben mithilfe von Smileys (🙂, 😐, ☹️) vorgenommen. Deswegen hier nun:

Nordbrezens Deutscher-Buchpreis-Longlist-Leseproben-Lese-Erfahrung


Der Weg der Wünsche von Akos Doma. Erschienen im Rowohlt Berlin Verlag.
Vorbereitung einer Geburtstagsfeier.
"Der Baum trug schon seit Jahren keine Früchte mehr, aber er spendete an heißen Tagen Kühle und vollführte ein Licht-und-Schatten-Spiel."
Weiterlesen? Ja! 

Apollokalypse von Gerhard Falkner. Erschienen im Berlin Verlag.
Er oder ich, wir gehen durch das längst verschwundene Kreuzberg der achtziger Jahre.
"Mein limbisches System nahm eine kleine körpereigene Dusche."
Weiterlesen? Nein.

München von Ernst-Wilhelm Händler. Erschienen im S. Fischer Verlag
Eine Ärztin für psychosomatische Medizin erlebt am 1. Tag ihrer eigenen Praxis eine unvorhergesehene Überraschung.
"Keine Lebenslinien. Hier sollte die Perfektion einer anderen Welt herrschen."
Weiterlesen? Vielleicht.

Fremde Seele, dunkler Wald von Reinhard Kaiser-Mühlecker.  Erschienen im S. Fischer Verlag.
Zwei Brüder sitzen in einem Wirtshaus und reden über den Russen.
"Unter der Tür wurde ein Blatt hereingeweht – Birke."
Weiterlesen? Nein.

Widerfahrnis von Bodo Kirchhoff.  Erschienen in der Frankfurter Verlagsanstalt.
Während der Autofahrt Richtung Süden wird das Für und Wider des Vignetten-Kaufs besprochen.
"... und irgendwann ein Stopp an einer Nebenstraße, man riecht schon das nahe Meer, aber auch, was es angeschwemmt hat, man leert den Aschenbecher, ist schon barfuß, geht dann auf den Rücksitz, warum nicht, und auch dieses Tun dort hat etwas Gestrandetes."
Weiterlesen? Ja.


Skizze eines Sommers von André Kubiczek.  Erschienen im Rowohlt Berlin Verlag.
Während der Vater zu einer Konferenz aufbricht, muss sich sein Sohn entscheiden – links oder rechts? (Also der Haarscheitel)
"Ich hätte ihm das gerne gesagt, aber ich konnte es nicht, und zwar aus einem einzigen Grund: Ich wusste nicht, wie ich ihn anreden sollte."
Weiterlesen? Ja.

Die Erziehung des Mannes von Michael Kumpfmüller.  Erschienen im Verlag Kiepenheuer & Witsch.
Wenn man mit dem Vater an Silvester nicht anstößt, gibt das nur Probleme.
"Die Lektion, die ich mir am besten gemerkt habe, erteilte er mir an Silvester 1974 bei einem Verwandtenbesuch."
Weiterlesen? Vielleicht.

Drehtür von Katja Lange-Müller.  Erschienen im Verlag Kiepenheuer & Witsch.
Über ein Feuerwerk der Wörter in einer Flughafen-Ankunftshalle.
"Wenigstens das Wort Wort ist frei, denkt Asta, zumindestens frei von jeder Doppelbedeutung, und ein Blitzgewitter heißt Blitzgewitter, weil es blitzschnell losbricht und abrupt endet, nicht wegen der Blitze, die es begleiten."
Weiterlesen? Vielleicht.

Die Witwen von Dagmar Leupold.  Erschienen im Jung und Jung Verlag.
Vier Freundinnen - keine Witwen - leben in Steinbronn. Erleben aber nichts.
"In einem solchen buchstäblich von allen Seiten umfassten Ort einsam zu sein, ist eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit – und doch gelang es vier Frauen, nicht mehr jung, aber längst nicht alt. Nur ratlos. Und irgendwie übrig."
Weiterlesen? Ja.

Das Pfingstwunder von Sibylle Lewitscharoff.  Erschienen im Suhrkamp Verlag.
Gottfried ist ein anderer Mensch, seitdem er eine Dante-Konferenz in Rom besucht hat.
"Vorkommnis, das Wort nimmt sich sonderbar aus, besonders in seiner genitivischen Form, aber ich wähle diesen nüchternen, aus dem bürokratischen Vokabelreservoir entlehnten Begriff mit Absicht."
Weiterlesen? Nein.


Die Welt im Rücken von Thomas Melle.  Erschienen im Rowohlt Berlin Verlag.
Ob in der Psychiatrie oder draußen – verwirrend ist es überall.
"Es war okay, es war furchtbar: Es war egal. Ab in den Trakt, zurück zu Konfitüre, Pillen und Kippen."
Weiterlesen? Ja (mein Favorit).

Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke von Joachim Meyerhoff. Erschienen im Verlag Kiepenheuer & Witsch.
Die Gore-Tex-tragenden Großeltern hinterlassen nicht nur im Teppich Spuren.
"Das Material, das zum Inbegriff dieses Leichtigkeitswahns wurde, war das sogenannte Gore-Tex."
Weiterlesen? Ja.

Am Rand von Hans Platzgumer.  Erschienen im Paul Zsolnay Verlag.
Ein Mann besteigt einen Berg – sehr gewissenhaft.
"Hat den Punkt erreicht, wo jedes Leben dem anderen zu gleichen beginnt, jedes ein ähnlich mickriges wird, aber keines mickrig genug, und jedes sowohl zu lang als auch zu kurz."
Weiterlesen? Nein.

Ein langes Jahr von Eva Schmidt.  Erschienen im Jung und Jung Verlag.
Eine Stadt am See erwacht und ein Hund verschwindet.
"Im Wasser, wie kleine Türmchen aufragend, trieben drei Bierflaschen."
Weiterlesen? Vielleicht.

Rauschzeit von Arnold Stadler.  Erschienen im S. Fischer Verlag.
Mausi bereitet sich für Tosca vor und Alain ist ein Waldschrat.
"War das nicht eine Tautologie? Dachte sich Mausi, und das hätte schon wieder der Titel eines Liebesromans sein können: Der blonde Däne, Ein tautologischer Liebesroman, geschrieben von einem Menschen, der das Leben hinter sich hatte und sich noch sehr wohl daran erinnern konnte, und auch noch daran, was die Liebe für ein seltsames Ding war."
Weiterlesen? Vielleicht.



Weit über das Land von Peter Stamm.  Erschienen im S. Fischer Verlag.
Nach dem Familienurlaub wird ausgepackt und man geht spazieren.
"Tagsüber bemerkte man die Büsche kaum, die das Grundstück von jenen der Nachbarn trennten, sie gingen unter im allgemeinen Grün, aber wenn die Sonne sank und die Schatten länger wurden, war es, als wüchsen sie zu einer Mauer, die immer unüberwindbarer wurde, bis schließlich das letzte Licht aus dem Garten verschwunden war und die ganze quadratische Rasenfläche im Schatten lag, ein dunkles Verlies, aus dem es kein Entkommen mehr gab."
Weiterlesen? Ja.

Mein Vater war ein Mann an Land und im Wasser ein Walfisch von Michelle Steinbeck.  Erschienen im Lenos Verlag.
Bügeleisen aus dem Fenster werfen ist selten eine gute Idee.
"Auf dem Hof geht ein Kind, seine Schuhe blinken bei jedem Schritt."
Weiterlesen? Ja.

Die Verteidigung des Paradieses von Thomas von Steinaecker.  Erschienen im S. Fischer Verlag.
Wer nachts alleine Milch aus dem Kühlschrank holt, muss es verkraften, wenn die Leute den eigenen Geburtstag vergessen.
"Ich stelle mir manchmal vor, die Altwörter wären kleine befellte Wesen und würden sterben, wenn man sich nicht richtig um sie kümmert."
Weiterlesen? Ja.

Weshalb die Herren Seesterne tragen von Anna Weidenholzer.  Erschienen Verlag Matthes & Seitz Berlin.
Ein Zuckerpäckchen droht die Befragung des Glücksforschers zu zerstören.
"Wissen Sie, wie es sich anfühlt, wenn man verlassen wird?, fragte sie und Karl bekommt Angst, das Päckchen könnte platzen und Zucker, der Zucker wäre über den ganzen Tisch verteilt."
Weiterlesen? Ja.

Hool von Philipp Winkler.  Erschienen im Aufbau Verlag.
Die Mutter verschwindet und ein Tiger muss abgeholt werden.
"Sie roch ganz stark nach Parfüm und zog den blumigen Duft wie einen Brautschleier hinter sich her."
Weiterlesen? Vielleicht.


Meine persönliche Shortlist würde wie folgt aussehen:
- Die Welt im Rücken von Thomas Melle
- Der Weg der Wünsche von Akos Doma
- Skizze eines Sommers von André Kubiczek
- Die Witwen von Dagmar Leupold
- Mein Vater war ein Mann an Land und im Wasser ein Walfisch von Michelle Steinbeck
- Die Verteidigung des Paradieses von Thomas von Steinaecker

Die offizielle Shortlist gibt es dann am 20. September, der Gewinner wird am 17. Oktober bekannt gegeben. 
Habt ihr schon einen Favoriten? Oder fehlt euch ein Titel auf der Longlist? Mir schon. Ich bin sehr traurig darüber, dass Benedict Wells mit "Vom Ende der Einsamkeit" nicht von der Jury ausgewählt wurde.