Sonntag, 18. Dezember 2016

Himbeeren mit Sahne im Ritz von Zelda Fitzgerald.


Aus dem amerikanischen Englisch von Eva Bonné - Erschienen bei Manesse - 2016

Kaum jemand verkörpert den  Zeitgeist der Roaring Twenties so wie Zelda Fitzgerald. Sie war der Prototyp des "Flappers": frech, abenteuerlustig, extravagant. Das Lebensgefühl dieser Ära hat sie in bezaubernden Erzählungen eingefangen, die nun erstmals auf Deutsch zu entdecken sind.

Meine Verehrung für die Zwanziger Jahre und insbesondere für die Familie Fitzgerald ist ungebrochen. Das ist quasi mein buzz word – wenn ich "Fitzgerald" höre, werde ich zum Erdmännchen. Oder so ähnlich. Deswegen ist es auch nicht verwunderlich, dass ich bei der Ankündigung eines Erzählbandes von Zelda Fitzgerald nicht nur in Erdmännchen-Position ging, sondern auch meine Öhrchen gespitzt habe. Und so kam es, dass ich vor der Lektüre des Buches erst einmal zu einer Lesung im Rahmen des Münchner Literaturfests ging und lauschte, wie Bibiana Beglau aus "Himbeeren mit Sahne im Ritz" vorlas. Ein Freudenfest! Bibiana Beglau ist eine gar großartige Schauspielerin, die ich schon öfter im Residenztheater bewundert habe und deren Stimme mich komplett hypnotisiert. Besser hätte man es also nicht treffen können. Drei Geschichten wurden an dem Abend vorgelesen und schon da witterte ich den ersten Schwachpunkt des Erzählbandes, der sich dann beim Lesen auch weiter bestätigt hat.


Doch zuerst einmal die positiven Seiten. In elf Erzählungen widmet sich Zelda Fitzgerald starken, eigenständigen Mädchen, nein, Frauen, die in den Zwanziger Jahren ihren Platz im Leben suchen. Der Platz befindet sich meistens auf der Bühne oder vor der Kamera, nicht unbedingt an der Seite eines Mannes und schon gar nicht vor dem Herd. Showgirls, angehende und bestehende Schauspielerinnen, Träumerinnen und scharfsinnige Beobachterinnen geben sich hier ein Stelldichein bei Himbeeren mit Sahne im Ritz. 

"Aber es muss furchtbar gewesen sein, ganz allein unter dem vergoldeten Stuck eines Pariser Hotels zu sterben, egal wie kostbar das Gold war und wie gewohnt der Anblick." (Seite 47 f.)

Wenn ich wollte, könnte ich die elf Geschichten mit den elf Protagonistinnen hier nun beschreiben. Das Problem ist aber: Das geht gar nicht wirklich. Denn egal, ob sie nun Gay oder Lou oder Miss Ella heißen, sie sind doch alle die eine – Zelda. Immer ist es Zelda, die da ihren Weg ins Rampenlicht sucht, immer ist es die große, alles verschlingende Beziehung zu F. Scott, die da aufgebaut oder zerbrochen wird. Liegt das nur an mir, dass ich zwischen den Zeilen nur die echte Zelda Fitzgerald sehen kann oder ist dem wirklich so? 

Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich in letzter Zeit zwar dachte, dass ich mit Erzählungen gut klar komme, sich die Erzählungen in "Himbeeren mit Sahne im Ritz" aber so ähnlich sind, dass nur die klare Abtrennung durch die Überschriften mich davon abhält, alles in einem Zug und verwoben miteinander zu lesen. 

Im Nachwort fragt Felicitas von Lovenberg, wie wir die vorliegenden Erzählungen wohl lesen würden, wenn sie nicht von Zelda, sondern einer unbekannten Frau geschrieben worden wären. Meine ehrliche Antwort? Gar nicht. So sehr mich die Lektüre erfreut hat, so wenig kann ich damit im Nachhinein anfangen. Umso interessanter finde ich es, dass einige der Erzählungen zu Lebzeiten unter F. Scott Fitzgeralds Namen veröffentlicht wurden. Dieser Aspekt interessiert mich so sehr, dass ich wohl noch ein wenig herumforschen muss, wie eng das schriftstellerische Schaffen des Ehepaars miteinander verwoben war. Falls hier jemand Lektüretipps für mich hat: Immer her damit! 

"Himbeeren mit Sahne im Ritz" ist eine amüsante Zeitreise in die mondänen Zwanziger Jahre mit der besten Reisebegleitung, die man sich hierfür vorstellen kann – Zelda Fitzgerald herself. Ein Vergnügen mit kleinen Schwächen und wohl eher für Liebhaber der Ära und Fitzgerald-Fans geeignet. 

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Danke für die Rezension, da wandert das Buch doch glatt einige Plätze nach hinten auf meiner Kaufliste :-)
Michaela Karls Biografie zu F. und Z. Fitzgerald hast du bestimmt schon gelesen, oder? Wenn nicht, kann ich sie dir wärmstens ans Herz legen, so von Fan zu Fan der beiden! ;-)

Liebe Grüße
Hannah

Marina hat gesagt…

Uh, danke für den Tipp. Die kenn ich bisher noch nicht. Ich hab eine Biografie von Nancy Milford über Zelda, aber die steht bisher noch ungelesen im Regal. Mehr Stoff ist also immer gerne gesehen :)