War das nun ein guter Lese-Monat Mai mit sieben gelesenen Büchern? Oder ist es nicht eher so, dass mal wieder meine Lieblingsverdrängungsmethode zugeschlagen hat und ich immer dann mehr lese, wenn eh nichts anderes funktioniert? Nachdem der April schon anstrengend war, kommt es mir jetzt so vor, als hätte es sich der Mai zur Aufgabe gemacht, da noch einmal eine Schippe draufzulegen. Denn eine Sache hab ich bei meinem »Viele lange Wochenenden«-Plan nämlich übersehen: Die Arbeitswochen sind dadurch deutlich kürzer. Wer hätte das nur gedacht?! Aber anscheinend ist mein Gemüt wirklich eine sehr simpel gestrickte Pflanze, das sonnige Wochenende hat dabei geholfen, die Laune zu verbessern und außerdem startet der Juni direkt mit einem Hamburg-Urlaub. Hamburg ist eh immer eine gute Idee. Mal sehen, wie viele Bücher ich mitnehmen (und lesen) werde.
Bis dahin gibt es erst einmal einen Rückblick auf den Mai mit den oben erwähnten sieben Büchern:
»Agnes Grey« von Anne Brontë. Aus dem Englischen von Stefanie Kuhn-Werner.
Endlich mal wieder eine Buchclub-Lektüre! In den letzten Monaten ist unser gemeinsames Lesen ein wenig eingeschlafen und ich hoffe sehr, dass sich das bald wieder etwas bessert. Dafür war »Agnes Grey« auch eine schöne Lektüre, ich mag die Brontë-Schwestern ja eh viel lieber als Jane Austen, weil bei den Schwestern Leben stattfindet und bei Austen nur Schwärmereien. Das ist mein abschließendes, hochliterarisches Urteil, don't @ me. Und trotzdem kann ich sagen, dass Agnes Grey wirklich eine fürchterliche Gouvernante ist, doch dafür bekommt man einen ziemlich guten Eindruck davon, wie junge Frauen im viktorianischen England nur wenig Spielraum in ihrer Lebensplanung hatten.
»Aufstehen oder liegen bleiben?« von Dr. Julie Smith. Aus dem Englischen von Kirsten Riesselmann.
Kann es wirklich so einfach sein, dass man nur regelmäßig Tagebuch schreiben und Sport machen muss, um nicht immer wieder in dunkle Löcher zu stolpern? Ich bleibe da auch nach der Lektüre von »Aufstehen oder liegen bleiben?« skeptisch. Aber dafür hab ich mir jetzt ein Fahrrad gekauft, damit zählt der Weg zur Arbeit doch jetzt als Sport, oder?
»Nochmal von vorne« von Dana von Suffrin.
Ich mochte schon »Otto« von Dana von Suffrin sehr und auch »Nochmal von vorne« hat mir sehr gefallen, weil die Autorin so ein ganz besonderes Auge für Familiendysfunktionen hat, und außerdem spielt das Buch in München und dann kommt so ein schöner Satz wie »und keiner könne einen zwingen, als Laborant zu arbeiten oder Hausfrau zu werden oder in Moosach zu leben, und ich muss auf einmal lachen, denn dieser Satz ist wirklich blöd, wie aus einer Daily Soap oder einer Achtsamkeits-App.« (Seite 228) und ich muss wirklich sehr lachen.
»Girls can kiss now« von Jill Gutowitz.
Ich kann nicht mehr nachvollziehen, wie das Buch auf meine Merkliste und irgendwann in meinen Warenkorb gelandet ist, aber ich hatte eine gute Zeit bei der Lektüre, weil Jill Gutowitz so herrlich amüsant über das Internet, Filme, Serien und andere popkulturelle Begebenheiten schreibt, die mich an meine eigene Jugend erinnern. Und um Taylor Swift geht es auch.
»Stehlen, Schimpfen, Spielen« von Barbi Marković.
Ich schäme mich ein wenig, weil »Minihorror« von Barbi Marković noch ungelesen im Bücherregal steht, ich aber direkt nach dem Kauf »Stehlen, Schimpfen, Spielen« gelesen habe, eine ganz fantastisch-humorvolle Poetikvorlesung oder eher der Versuch und das Scheitern, eine Poetikvorlesung zu schreiben. Aber keine Sorge, ich nehme mir sehr fest vor, in diesem Jahr (es soll ja kein unnötiger Druck aufgebaut werden!) noch »Minihorror« zu lesen.
»Frau im Mond« von Pierre Jarawan.
Vor einigen Wochen hat mich der Berlin Verlag zu einem Blogger:innen-Event mit Pierre Jarawan eingeladen, bei dem der Autor in bester Kulisse (= in einem Kino) über sein neues Buch gesprochen hat. Und während ich mich da noch fragte, wie all diese Themen (Libanon, Kanada, Weltraumraketen, Teppichknüpferei, Dokumentarfilme etc.) in eine Geschichte passen sollten, kann ich nach der Lektüre von »Frau im Mond« sagen, dass das ganz hervorragend klappt. Im Buch sucht die Erzählerin eine Verbindung zwischen ihrer verstorbenen Großmutter, einer Weltraumrakete aus dem Libanon und einem Wandteppich. Pierre Jarawan konstruiert (im besten Sinne!) daraus eine filmische Reise, in der auch viel über das Erzählen an sich reflektiert wird.
»Gespensterfische« von Svealena Kutschke.
Eine Psychiatrie, ihre Patient:innen, Pfleger:innen und Ärzt:innen im Laufe der Zeit. Verwoben mit vielen literarischen Anspielungen auf Ingeborg Bachmann, Sylvia Plath, Friederike Mayröcker und andere. Die verschiedenen Erzählebenen haben mich teilweise etwas arg gefordert, was aber eher an mir lag, weil ich nur häppchenweise vorangekommen bin. Trotzdem oder gerade deswegen eine eindrückliche Lektüre über Psyche und Psychosen.
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