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Sonntag, 5. September 2021

Deutscher Buchpreis 2021 - Die Longlist #dbp21

Wieder so eine buchige Tradition, die mir besonders gut gefällt. Der Deutsche Buchpreis! Jedes Jahr hibble ich dem Bekanntgabetermin der Longlist entgegen, gehe auf Jagd nach dem Leseprobenheft, lese interessiert die Leseproben aller nominierten Titel, um sie anschließend bei Twitter mit gifs zu untermalen, schreibe Beiträge zur Long- und Shortlist und freue mich auf die Preisverleihung (mit dem großen Wunschtraum, eines Tages auch bei der Preisverleihung direkt im Kaisersaal des Frankfurter Römer dabei zu sein). 

Dieses Jahr ist der Deutsche Buchpreis ganz besonders für mich, denn ich bin eine von 20 Buchpreisblogger*innen. Jede*r von uns bekommt ein Patenbuch aus der Longlist zugewiesen, welches wir lesen, rezensieren und diskutieren. Außerdem habe ich so direkt ein Leseprobenheft zugeschickt bekommen, die Jagd war dieses Jahr also relativ unspektakulär (mein Wunschtraum mit dem Kaisersaal würde sich dieses Jahr auch eigentlich erfüllen, denn ich habe eine Einladung bekommen, nur werde ich aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie nicht zur Frankfurter Buchmesse fahren. Sehr schade. Vielleicht klappt das irgendwann anders mal). 

Um die Spannung nicht unnötig in die Länge zu treiben, verrate ich direkt mein Patenbuch für den Deutschen Buchpreis: "Die nicht sterben" von Dana Grigorcea. Ich bin ganz ehrlich, ich hatte das Buch bisher so gar nicht auf dem Schirm, bin aber deswegen umso gespannter es zu lesen. 

Überhaupt enthält die Longlist dieses Jahr für mich einige unerwartete und unbekannte Bücher. Bisher habe ich auch nur ein einziges nominiertes Buch gelesen ("Identitti" von Mithu Sanyal. Wirklich großartig!). Ein weiteres nominiertes Buch habe ich letztens gekauft ("Drei Kameradinnen" von Shida Bazyar) und mal sehen, welche Leseproben mich noch dazu bringen werden, die dazugehörigen Bücher zu lesen.

Kommen wir nun aber zur Bewertung. Bei Twitter findet ihr hier den Thread mit passenden gifs zur jeweiligen Leseprobe. Hier folgt nun die höchst offizielle Besprechung inklusive der Smiley-Skala  (😃, 😐, ☹️), einer Zusammenfassung des jeweiligen Textes in einem Satz und einem Lieblingssatz.


Nordbrezens Deutscher-Buchpreis-Longlist-Leseproben-Lese-Erfahrung

"Mitgift" von Henning Ahrens. Erschienen im Klett-Cotta Verlag.
Wenn morgens eine Tasse Muckefuck getrunken wird, während der Ami vor der Türe steht. 
"Sie haben also Telefon, aber an diesem grauen Morden des neunten April ist die Leitung tot, und niemand weiß Genaues."
Weiterlesen? 😃

"Drei Kameradinnen" von Shida Bazyar. Erschienen im Verlag Kiepenheuer & Witsch.
Fleischspieße überm Feuer und Fluchterinnerungen auf den Lippen.
"Ihr wart nämlich bei euren Hilfsaktionen zu allen nett, auch zu den Leuten, vor denen ihr euch ein wenig gefürchtet habt, ihr wart ganz tapfer liebe voll, auch dann noch, als ihr euch gefragt habt, ob Terroristen unter euren Schutzbefohlenen sind, dann wart ihr zwar immer noch liebevoll, aber eben auch Rassisten, liebevolle Rassisten."
Weiterlesen? 😃

"Gentzen oder: Betrunken aufräumen" von Dietmar Dath. Erschienen im Verlag Matthes & Seitz Berlin. 
Birne, Mango, Minze, ein Zitronenfalter und ein Mann, der plötzlich weg ist. 
"Das Bild habe ich von Susan, der Verlassenen: "Man kommt kaum zum Blinzeln.""
Weiterlesen? 😐

"Die Eroberung Amerikas" von Franzobel. Erschienen im Paul Zsolnay Verlag.
Die eine arbeitet sich im Büro durch einen Stapel Briefe, die anderen erschrecken vor unbekannten Eindringlingen. 
"Davon ließen sich die mexikanischen Fischersfrauen, die weder wussten, dass sie Mexikaner waren, noch sich je als Fischersfrauen bezeichnet hätten, nicht irritieren."
Weiterlesen? 😐

"Der versperrte Weg" von Georges-Arthur Goldschmidt. Erschienen im Wallstein Verlag.
Großer Bruder, kleiner Bruder und all die Konflikte dazwischen.
"Er war tadellos in jeder Beziehung, ein Kind, von dem alle Eltern träumen konnten, in dem aber auch eine ungeheure Gewalt gärte: Der Arm war zum Schlag bereit."
Weiterlesen? ☹️

"Die nicht sterben" von Dana Grigorcea. Erschienen im Penguin Verlag.
Erstmal die gemietete Villa für die Ferien neu einrichten.
"Die Bukarester und die Kronstädter, die hier Ferienhäuser besaßen, bezeichneten die Ortschaft schlicht als Dorf, die Einheimischen allerdings sprachen trotzig von einer Stadt, weil am Fluss früher eine große Weberei stand, in der viele Bauern zu Arbeitern umfunktioniert wurden; für die Meinen war B., ganz versöhnlich, ein wundervoller Kurort."
Weiterlesen?  😃

"Der zweite Jakob" von Norbert Gstrein. Erschienen im Carl Hanser Verlag.
Zum 60. Geburtstag gibt es einen Rückblick auf die eigene Schauspielkarriere. 
"Natürlich will niemand sechzig werden, jedenfalls nicht als Jubilar, und natürlich will niemand, der bei Sinnen ist, ein Fest, um das auch noch zu feiern, aber obwohl ich alles darangesetzt hatte, es zu verhindern, war ich in die erwartbaren Abläufe geschlittert und musste mich am Ende vielleicht wirklich als bedeutender Künstler, verdienter Bürger, und was dergleichen sonst für Würdigungen kurz vor dem Grabstein und kurz vor dem Vergessen stehen, ganz nach dem Geschmack des Publikum wie ein Pfau ausstopfen und vorführen lassen. "
Weiterlesen? ☹️

"Vater und ich" von Dilek Güngör. Erschienen im Verbrecher Verlag.
Dieses komische Gefühl ein Gespräch mit dem eigenen Vater am Laufen zu halten, eingefangen in eine Tasse Kaffee. 
"Gleich klopfst du sachte auf das Holz, hebst die Hand ein kleines Stück an und lässt sie wieder fallen, nicht aus Ungeduld oder weil du etwas sagen willst. Dein Klopfen ist wie ein Puls, vertraut und immer da."
Weiterlesen? 😃

"Vati" von Monika Helfer. Erschienen im Carl Hanser Verlag.
Vatergeschichte mit Foto
"Wir sagten Vati. Er wollte es so. Er meinte, es klinge modern."
Weiterlesen? ☹️

"Die Nibelungen" von Felicitas Hoppe. Erschienen im S. Fischer Verlag.
Von Schätzen in Worms, die schauspielern. 
"Sicher ist nur: Es gab eine Zeit, da gehörten alle Schätze der Welt einer Frau."
Weiterlesen? 😃

"Zu den Elefanten" von Peter Karoshi. Erschienen im Leykam Verlag.
Statt einem Elefanten läuft eine Bachstelze durch den Garten. 
"Seit Stunden, seit Wien, um genau zu sein, hatte es geregnet."
Weiterlesen? 😃

"Eurotrash" von Christian Kracht. Erschienen im Verlag Kiepenheuer & Witsch.
Wollpullover kaufen in Zürich und über die Mutter nachdenken. 
"Wenn man es mit Humor nahm, war es wie bei Dürrenmatt, aber es war eigentlich viel trauriger als bei Dürrenmatt, da es sich um meine Mutter handelte und nicht um irgendeine Mutter nicht nicht um irgendeine Psychiatrie, sondern um die mit dem dunkelsten, grausamsten aller Namen: Winterthur."
Weiterlesen? 😃

"Zandschower Klinken" von Thomas Kunst. Erschienen im Suhrkamp Verlag.
Autofahren mit Hundehalsband auf dem Armaturenbrett. 
"Claasen hat sich vorgenommen, sein Auto so vorsichtig, langsam und gleichmäßig zu bewegen, dass das Halsband so lange wie möglich auf dem Armaturenbrett liegen bleibt."
Weiterlesen? ☹️

"Besichtigung eines Unglücks" von Gert Loschütz. Erschienen im Verlag Schöffling & Co.
Ein Zugunglück weckt auf. 
"Die Leute schlafen und schrecken aus dem Schlaf hoch. Dann wieder Stille. Noch tiefere Stille."
Weiterlesen? 😃

"Der Himmel vor hundert Jahren" von Yulia Marfutova. Erschienen im Rowohlt Verlag.
Ein Röhrchen im Dorf bestimmt die Fragen der Leute.
"Die Leute hier verreisen nicht, aber zum Röhrchen kommen sie."
Weiterlesen? 😃

"Im Menschen muss alles herrlich sein" von Sasha Marianna Salzmann. Erschienen im Suhrkamp Verlag.
Familienkonflikt im Hinterhof. 
"Edi sah ramponiert, aber nicht betrunken aus, sie behauptete allerdings im vollen Ernst, im Hof zwischen den Plattenbauten eine Giraffe gesehen zu haben."
Weiterlesen? 😐

"Identitti" von Mithu Sanyal. Erschienen im Carl Hanser Verlag.
Göttinnen, der Deutschlandfunk und eine Toilette 
"Es roch nach Kerzenwachs und Kunstleder wie bei einer Mischung aus Finanzamt und Geheimdienst, falls der Bundesnachrichtendienst so roch, wie James-Bond-Filme aussahen."
Weiterlesen? 😃

"Mein Lieblingstier heißt Winter" von Ferdinand Schmalz. Erschienen im S. Fischer Verlag.
Dinosaurier putzen.
"Dort zwischen Buschwerk und Gestrüpp, wo auch das Gras schon meterhoch verdorrt, streckt ein Triceratops den dreibehornten Kopf empor."
Weiterlesen? ☹️

"Blaue Frau" von Antje Rávik Strubel. Erschienen im S. Fischer Verlag.
Nachts in einer Helsinkier Wohnung.
"Die Wohnung sieht nach einer echten Wohnung aus, nach einem Menschen."
Weiterlesen? ☹️

"Es ist immer so schön mit dir" von Heinz Strunk. Erschienen im Rowohlt Verlag. 
Wie unangenehm kann ein Date sein? Ja.
"Willkommene Gelegenheit, aus dem Fenster zu schauen."
Weiterlesen? 😐

Das amtliche Smiley-Ergebnis sieht folgendermaßen aus:

😃 = 10
😐 = 4
☹️ = 6

Ganz schön viele vielversprechende Leseproben. Mal sehen, wie viele der Bücher ich noch lesen werde. Auffällig oft geht es dieses Jahr bei den nominierten Büchern um Mutter-Kind- bzw. Vater-Kind-Beziehungen. Familie, ne. Scheint so ein Thema zu sein. 

Meine Wunsch-Shortlist würde folgendermaßen aussehen:
- "Drei Kameradinnen" von Shida Bazyar
- "Die nicht sterben" von Dana Grigorcea
- "Vater und ich" von Dilek Güngör
- "Eurotrash" von Christian Kracht
- "Der Himmel vor hundert Jahren" von Yulia Marfutova
- "Identitti" von Mithu Sanyal

Am 21. September wird die offizielle Shortlist veröffentlicht, am 18. Oktober findet die Preisverleihung statt.

Was sagt ihr zur Longlist des Deutschen Buchpreises? Fehlen euch Titel? Habt ihr euch über die ein oder andere Nominierung gewundert?

Das Archiv:

Die Longlist 2020 - Die Shortlist 2020
Die Longlist 2019 - Die Shortlist 2019
Die Longlist 2018 - Die Shortlist 2018
Die Longlist 2017 - Die Shortlist 2017
Die Longlist 2016 - Die Shortlist 2016
Die Longlist 2015 - Die Shortlist 2015
Die Longlist 2014 - Die Shortlist 2014

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