Montag, 26. Oktober 2015

Praterveilchen von Christopher Isherwood.


Originaltitel: Prater Violet - Aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit - Erschienen bei Hoffmann und Campe - 2015 - Herzlichen Dank für das Leseexemplar!

Es ist das Jahr 1933, Europa steht am Abgrund, und in London laufen die Dreharbeiten für eine Filmschnulze namens Praterveilchen. Der ebenso temperamentvolle wie narzisstische Regisseur Friedrich Bergmann, ein österreichischer Jude, hadert mit der Oberflächlichkeit seiner Branche und leidet an den politischen Entwicklungen in seiner Heimat. Doch kaum jemand schenkt seinen Mahnungen Gehör ...

Ein weiterer Isherwood durfte bei mir einziehen. Wieder eine Neuauflage aus dem Hause Hoffmann und Campe. Das heißt im Umkehrschluss - mir fehlt nur noch "A Single Man" und dann würden die drei Schönheiten nebeneinander im Regal stehen. Bis es soweit ist, erzähle ich einmal mehr zu "Praterveilchen".

"Praterveilchen" basiert auf Christopher Isherwoods Eindrücken, die er bei der Arbeit an "Little Friend", einem britischen Film, gewonnen hat. Vollkommen unschuldig und unbedarft gerät Isherwood ins Filmbusiness und soll gemeinsam mit dem Regisseur Friedrich Bergmann am Drehbuch für "Praterveilchen" arbeiten. Eben jener Film spielt in Wien (und wird kein einziges Mal in Wien gedreht) und erzählt die reizende Geschichte von Toni, einem Blumenmädchen, welches Blumen auf dem Prater verkauft und sich in den mittellosen Rudolf verliebt, der gar nicht mittellos ist, sondern der Prinz von Borodanien. Isherwood berichtet dabei von seiner Arbeit und ermöglicht einen Blick hinter die Kulissen der Filmwelt der 1930er Jahre. Bergmann entwickelt sich zu seinem Mentor und Führer durch die undurchsichtigen Machenschaften, Verästelungen und Beziehungen im Filmstudio, auf der anderen Seite steht Isherwood Bergmann als Gesprächspartner zur Seite, Bergmann fühlt sich im fremden London nämlich sehr einsam und sehnt sich zurück nach Österreich und zu seiner Familie. 

Blumen verwelken, und doch
denk ich an eine auch heute noch:
Praterveilchen.

Die 127 Seiten von "Praterveilchen" lesen sich schnell weg, hinterlassen aber trotzdem einen bleibenden Eindruck, da es Isherwood - wie in allen seinen Büchern - schafft, ein lebendiges Bild beim Leser zu formen. "Ich bin eine Kamera mit offenem Verschluss, ganz passiv, ich nehme auf, ich denke nicht."- So steht es im Klappentext von "Leb wohl, Berlin" und dieser Kameravergleich passt wieder einmal perfekt zu Isherwood. Trotzdem würde ich behaupten, dass "Praterveilchen" eher ein kleines Schmankerl für Isherwood-Kenner ist, wer noch nie Isherwood gelesen hat, fühlt sich vielleicht ein wenig gelangweilt. 

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