Das Börsenblatt hat heute ein Interview mit einem Arbeitsrechtler zum Thema
Mindestlohn für Praktikanten und Volontäre veröffentlicht. Ab Januar gilt in Deutschland das Mindestlohngesetz, welches einen Lohn von mindestens 8,50 Euro für alle Arbeitnehmer vorsieht. Für alle Arbeitnehmer bedeutet in diesem Fall - auch für Praktikanten, sofern das Praktikum länger als 3 Monate andauert und es sich nicht um ein Pflichtpraktikum (warum Pflichtpraktika ausgenommen sind, habe ich nicht verstanden. Für mein Studium sind 6 Monate Praktikum im Verlag vorgeschrieben. Das heißt, mein Studium fördert weiterhin unbezahlte Praktikumsstellen. Auch nicht gerade toll) handelt (
siehe hierzu die Faktensammlung des Börsenblatts).
Jetzt könnte man denken - hurra, das ist das Ende von unbezahlten Praktika, wie sie in der Buchbranche leider immer noch üblich sind.
Denkste.
Warum mich das ganze beschäftigt?
In einem Jahr bin ich mit meinem Studium fertig und werde mich dem Dschungel Arbeitsmarkt stellen müssen. Obwohl ich bereits eine Ausbildung und drei Praktika absolviert habe (und neben dem Studium als Werkstudentin arbeite), sind die Chancen, dass ich gleich eine Festanstellung bekommen werde, eher gering. Das heißt - ich werde mich für Volontariate/Praktika bewerben. Ich kann es mir aber nicht leisten, ein unbezahltes oder nur gering bezahltes Volontariat/Praktikum anzunehmen, wenn ich weiterhin in München wohnen möchte. Nachdem München eine der großen Verlagsstädte ist, wird sich meine Wohnsituation also voraussichtlich nicht ändern.
Hinzu kommt, dass Verlage, aber natürlich auch alle anderen Unternehmen, von jungen Menschen erwarten, dass sie bereits Berufserfahrung vorweisen können. Diese Berufserfahrung sollen sie aber bitte nicht erst in dem Unternehmen sammeln, oh Gott. Wo kämen wir denn da hin? Das würde ja heißen, dass man in die Zukunft investieren müsste. Furchtbar. Also warten wir jungen Menschen einfach auf die Berufserfahrungsfee, die uns unseren Lebenslauf schön zaubert, damit wir irgendwann doch als unbezahlte Volontäre irgendwo arbeiten dürfen. Hurra!
Ich versteh das nicht. Warum sind Unternehmen nicht bereit, die Arbeit von Praktikanten und Volontären angemessen zu entlohnen? Ich war bei allen meinen Praktika nach einer gewissen Einarbeitungszeit (die ein Unternehmen, bei JEDEM Arbeitnehmer hat. Niemand kann mir erzählen, dass Festangestellte sofort vom ersten Tag an alles können und wissen, was im Unternehmen zu können und zu wissen ist) eine vollwertige Arbeitskraft. Eine vollwertige, aber schlecht bezahlte Arbeitskraft.
Wobei ich dazu sagen muss, dass ich bisher kein unbezahltes Praktikum gemacht habe, ich habe immer mindestens 500 Euro verdient. Ich habe leider keine reichen Eltern, die mich finanziell unterstützen. Glücklicherweise ging es trotzdem immer irgendwie.
Aber für die Zeit nach meinem Studium wünsche ich mir etwas mehr finanzielle Sicherheit. Ich will in einem Unternehmen arbeiten, welches mich - egal, ob als Praktikant oder als Volontär oder als Festangestellte - als vollwertige Arbeitskraft sieht und entlohnt. Wenn ich einem Unternehmen schon den größten Teil meines Tages gebe, möchte ich auch, dass man das wertschätzt. Dass man meine Arbeit und meine Studium, die darin investierte Zeit und das darin investierte Geld, wertschätzt.
Ich liebe die Buchbranche. Ich liebe die Bücher und die Menschen darin. Ich bin gespannt, wohin es mich verschlägt und ich weiß, dass ich noch viel lernen muss und werde und freue mich darauf. Nur möchte ich, dass man mich auch ernst nimmt. Und das tut man nicht, indem man mir Leseexemplare als Bezahlung gibt.
Ich kenne keinen Praktikanten oder Volontär, der nur Kaffee kocht und Kopien erstellt. Ich kenne nur Praktikanten und Volontäre, die genauso viel arbeiten, wie ihre fest angestellten Kollegen. Nur schlechter bezahlt.
Bei der
Börsenblatt-Umfrage zum Mindestlohn kann man sich ein Bild davon machen, was eine Verlage und Buchhandlungen vom Thema halten. Und obwohl in der Mehrheit die Leistung von Praktikanten und Volontären anerkannt wird, scheint es doch so, dass man nicht bereit ist, dafür zu bezahlen. Ob man das nicht will oder nicht kann, sei dabei dahingestellt.
Ich bin gespannt, wie sich Praktika und Volontariate in der Buchbranche entwickeln werden. Und ich hoffe sehr, dass man nicht durch die Umbenennung von Praktika in Volontariate ein Schlupfloch findet, um weiterhin Arbeitskraft zu erhalten, ohne viel Geld dafür aufzuwenden.