Montag, 28. Februar 2022

Lesezeit im Februar 2022

Ein kurzer Monat mit viel zu viel von allem geht zu Ende und mein Kopf ist ein bisschen froh darum. Wie gut Bücher in solchen Situationen als Eskapismus funktionieren, zeigt die stattliche Liste von 11 gelesenen Büchern im Februar. Ich weiß auch, wie privilegiert ich bin, weil ich überhaupt die Möglichkeit zum Eskapismus habe. Ansonsten hilft Atmen auch ganz gut. Und verlässliche Medien konsumieren (zum Beispiel die News-WG, Tagesschau oder ZDF heute). Außerdem natürlich: Noch mehr lesen. Mona hat hier gute Empfehlungen für Bücher, die in der Ukraine spielen, gesammelt. Der März bringt hoffentlich neue Lektüre, neue Ideen, neue Arbeit und gute Stunden.

»My Body« von Emily Ratajkowski.
Welch positive Überraschung. Emily Ratajkowski kannte ich bisher nur von Fotos und aus »Gone Girl«, ohne ihren Namen damit in Verbindung zu bringen. In dieser Essaysammlung spricht sie darüber, was es bedeutet, als Model zu arbeiten und die Kontrolle über die Darstellung des eigenen Körpers zu verlieren. Ich war anfangs etwas skeptisch, ob ihr Blick nicht zu oberflächlich ist, wurde aber eines Besseren belehrt. Insbesondere der Text »Wie ich mich selbst zurückkaufte« zeigt die misogynen Dynamiken, die unsere Sehgewohnheiten und unser Urteilsvermögen beeinflussen. 

»Das verbotene Notizbuch« von Alba de Céspedes.
Die aktuelle Buchclub-Lektüre bei Schnitzelbooks nimmt uns mit ins Italien der 50er Jahre und erzählt die Geschichte einer Frau, die sich ein Notizbuch für sich allein kauft, das all das enthält, was nicht auszuhalten ist. Die Beklemmung und Zerrissenheit ist auf jeder Seite spürbar und doch fehlt mir schlussendlich eine Prise Leben für die richtig gute Lektüre.

»Überwintern« von Katherine May.
»Es heißt, man soll tanzen, als würde niemand zusehen. Ich glaube, das gilt auch fürs Lesen.« (Seite 99) Ein kluges, wohltuendes Buch über den Winter in und um uns. Auch noch perfekt, wenn langsam die Frühlingssonne zwischen den Bäumen aufblitzt, ansonsten kommt bald der nächste Winter. 

»Nüchtern« von Daniel Schreiber.
Nach »Zuhause« und »Allein« durfte »Nüchtern« nun nicht in meinem Bücherregal fehlen. Daniel Schreiber berichtet gewohnt offen, intim und mit viel Hintergrundwissen von seiner Alkoholsucht und seinem Weg in ein nüchternes Leben. Dabei zeigt er geschickt, dass zwischen alltäglichem Alkoholgenuss und alltäglicher Alkoholabhängigkeit nur ein schmaler Grad verläuft und das Glas jederzeit kippen kann.

»Ist hier das Jenseits, fragt Schwein« von Noemi Somalvico.
Tierisch, lustig, melancholisch – sehr viel Liebe für Schwein, Dachs und Gott. Bald dazu mehr.

»Meter pro Sekunde« von Stine Pilgaard.
Irgendwo in Dänemark zwischen Windrädern, schweigenden Menschen und dem Meer versucht eine junge Mutter Anschluss zu finden und findet stattdessen die Absurditäten des alltäglichen Lebens. Ein famoses Lesevergnügen, welches ich bald nochmal ausführlicher besprechen werde.

»Alles spricht« von Nicolò Targhetta.
Der Titel ist Programm, denn hier spricht wirklich alles mit der namenlosen Protagonistin, vom Sofa über das Passfoto bis hin zum Bart. Das ist stellenweise sehr amüsant, doch der Funke konnte bei mir nicht richtig zünden. Mehr dazu demnächst.

»Die gelbe Tapete« von Charlotte Perkins Gilman.
Bei den neuen Dezember-Büchern hatte ich bereits etwas zu dem Buch geschrieben, nun wurde es auch von mir gelesen, was bei den knapp 90 Seiten ein sehr kurzes Vergnügen, doch ein Vergnügen war. Der Grusel leidet mit der Zeit und doch stellt sich ein merkwürdiges Gefühl gegenüber der Tapete ein. Oder doch gegen die Protagonistin? 

»Die Unzertrennlichen« von Simone de Beauvoir.
Jedes Jahr notiere ich als Lesevorhaben, dass ich endlich Simone de Beauvoir lesen möchte (und Camus, aber der muss leider noch auf seinen Auftritt warten) und nun ist es soweit! Mit »Die Unzertrennlichen« habe ich meinen ersten Roman von Simone de Beauvoir gelesen. Ha! Gut, eigentlich hatte ich eher daran gedacht, endlich mal »Das andere Geschlecht« zu lesen, aber hey. Kleine Schritte in die richtige Richtung. In »Die Unzertrennlichen« erzählt Simone de Beauvoir von ihrer Freundschaft zu Zaza und dem tragischen Ende eines von Konventionen erdrückten Lebens. Die Ausgabe der Büchergilde enthält zudem Fotos und Briefe, was die fiktionalisierte Geschichte realer werden lässt. Für mich ein sehr guter Einstieg, um wirklich ganz bald mal mehr von Simone de Beauvoir zu lesen. 

»Body Politics« von Melodie Michelberger.
Bei Instagram folge ich Melodie Michelberger schon seit längerer Zeit und schätze ihren Aktivismus für Körperakzeptanz sehr. Doch ihr Buch konnte mich nicht so sehr begeistern, was hauptsächlich daran lag, dass ich nichts Neues erfahren habe. Vielleicht bin ich hier auch einfach die falsche Zielgruppe.  

»Judith und Hamnet« von Maggie O'Farrell.
Wieder eines dieser Bücher, bei denen ich mich ärgere, dass ich mit der Lektüre so lange gewartet habe. Judith und Hamnet sind Zwillinge und leben mit ihrer Mutter in Stratford-upon-Avon. Der Vater arbeitet fürs Theater in London und weht als abwesender Geist durch den Roman. Bald wird er als der größte Dramatiker aller Zeiten gefeiert werden, doch als eines seiner Kinder an der Pest erkrankt, steht seine Frau allein sprachlos der Tragödie gegenüber, die Einzug in ihr Leben hält.

1 Kommentar:

Livia hat gesagt…

Liebe Marina

Wie schön, was du über den Eskapismus und unsere Privilegien schreibst, so fühle ich mich irgendwie auch und geniesse meine Situation doch sehr...

Toll, dass du noch andere Beiträge verlinkt hast, da kann ich gleich einmal stöbern gehen, lieben Dank.

"My Body", "Überwintern", "Meter pro Sekunde" und alles von Daniel Schreiber möchte ich unbedingt auch bald einmal lesen. Erst wird aber der SuB abgebaut, immerhin bin ich da auf gutem Weg.

Alles Liebe an dich
Livia
https://samtpfotenmitkrallen.blogspot.com/2022/03/lese-statistik-februar-2022.html