Dienstag, 28. September 2021

»Allein« von Daniel Schreiber

Originalausgabe - Erschienen bei Hanser Berlin - 2021 - Herzlichen Dank für das Rezensionsexemplar!

Zu keiner Zeit haben so viele Menschen allein gelebt, und nie war elementarer zu spüren, wie brutal das selbstbestimmte Leben in Einsamkeit umschlagen kann. Aber kann man überhaupt glücklich sein allein? Und warum wird in einer Gesellschaft von Individualisten das Alleinleben als schambehaftetes Scheitern wahrgenommen?
Im Rückgriff auf eigene Erfahrungen, philosophische und soziologische Ideen ergründet Daniel Schreiber das Spannungsverhältnis zwischen dem Wunsch nach Rückzug und Freiheit und dem nach Nähe, Liebe und Gemeinschaft. Dabei leuchtet er aus, welche Rolle Freundschaften in diesem Lebensmodell spielen: Können sie eine Antwort auf den Sinnverlust in einer krisenhaften Welt sein? Ein zutiefst erhellendes Buch über die Frage, wie wir leben wollen.

Es gibt so Bücher, bei denen weiß man schon seit der ersten Ankündigung, dass das ein gutes Buch werden wird. Es vergeht Zeit bis zur Veröffentlichung, irgendwann liegt das Buch in der Post (besonders hübsch eingepackt vom Autor und dem Verlagsteam, Applaus dafür!) und man freut sich auf die Lektüre. Und gleichzeitig hat man Angst davor. Was, wenn die hohen Erwartungen doch nicht erfüllt werden können? Was, wenn es in eine ganz andere Richtung als gedacht geht?

Doch all diese Sorgen waren bei »Allein« von Daniel Schreiber unberechtigt. Ich nehme es direkt vorweg: Dieses Buch ist jetzt schon eines meiner Jahreshighlights 2021. Selten hatte ich ein so kluges, ein so intimes, ein so richtiges Buch in den Händen. Ist das nun die Stelle, an der ich mich beim Autor bedanken kann? Danke, Daniel.

In »Allein« erzählt Daniel Schreiber nicht einfach nur vom Alleinsein und der großen Bedeutung dahinter. Daniel Schreiber konzentriert sich auf die vergangenen zwei Jahre, in denen so viele von uns auf unterschiedliche Arten alleine waren. Corona und die damit verbundenen Einschränkungen des Soziallebens haben uns alle getroffen. Und wir alle waren und sind irgendwie alleine. Das betrifft Alleinstehende ebenso wie Paare und Familien. Wir alle haben weniger Zeit mit anderen Menschen verbracht. Wir alle mussten in den vergangenen zwei Jahren lernen, allein zu sein. Nicht nur allein, sondern auch einsam. Nur das zuzugeben, fällt schwer. 

Bei Daniel Schreiber beginnt alles mit einem Garten. Denn er bietet einem befreundeten Paar an, sich um den Garten des neubezogenen Hauses zu kümmern. Schließlich hat Daniel Schreiber eine Leidenschaft für Pflanzen und Gärten. Und es ist eine Möglichkeit, mehr Zeit mit dem Paar zu verbringen, das Berlin für einen Umzug aufs Land verlassen haben. Daniel hat Angst, dass er sich ohne sie in Berlin alleine fühlt. Ganz ohne Partner. Nur auf sich gestellt. 

Für mich ist »Allein« im schönsten Sinne ein kluges Tagebuch, das Daniel Schreiber für uns öffnet. Er erzählt von seinen Ängsten, von Reisen in die Schweiz und auf die Kanarischen Inseln, von der Liebe zum Wandern, von depressiven Phasen und der tiefen Dunkelheit. Er spricht von Freundschaften im gesellschaftlichen und kulturellen Kontext. Wie wichtig Freundschaften sind und warum sie einen ebenso hohen Stellenwert wie Beziehung haben. Und immer wieder kommt er auf andere Autor*innen zurück, die vom Alleinsein berichten. Joan Didion, Annie Ernaux, Eva Illouz, Deborah Levy, Olivia Laing, Maggie Nelson, Rebecca Solnit und so viele mehr. Einer der Gründe, warum ich die Lektüre häufig unterbrechen musste, um mal wieder meinen Bleistift zu suchen und ein weiteres Buch aus dem Literaturverzeichnis zu notieren. Denn ich liebe es sehr, wenn mich ein Buch zu vielen anderen interessanten Büchern führt. 

»Zwischen all den Geschichten, die wir uns erzählen, um zu leben, und zwischen all den Versuchen, diese Geschichten abzulegen, wenn wir merken, dass sie unsere Sicht auf die Dinge verzerren und zu selbstgebauten Gefängnissen werden, gibt es Momente der Stille.« (Seite 140)

Lesen ist eine sehr einsame Tätigkeit. Mit »Allein« fühlt man sich dabei aber ganz und gar nicht allein. Und wenn doch, ist das auch vollkommen okay.

Sonntag, 19. September 2021

»Die nicht sterben« von Dana Grigorcea

Originalausgabe - Erschienen im Penguin Verlag - 2021 - Herzlichen Dank für das Rezensionsexemplar im Rahmen des Deutschen Buchpreises!

B. ist eine kleine Stadt in den Bergen, an der Grenze zu Transsilvanien. Eine junge, in Paris ausgebildete Künstlerin, verbringt hier ihre Sommerferien in der Villa ihrer Großtante. Sie liebt die Natur, die bukolische Landschaft und das einfache Leben der Einheimischen. Was sie lange Zeit nicht wahrhaben will, sind die sozialen Abgründe, die Perspektivlosigkeit und Verzweiflung ihrer Freunde. Das Unheil aber kommt mit dem Fund einer Leiche – übel zugerichtet wie vom Fürsten der Finsternis.


Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2021 ist »Die nicht sterben« von Dana Grigorcea mein Patenbuch beim #buchpreisbloggen. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich vor der Bekanntgabe der Longlist den Titel so gar nicht auf dem Schirm hatte und nicht so recht wusste, was mich da bei der Lektüre erwartet. Ein Glücksfall, wie ich nun feststellen darf, denn wer weiß, ob ich ohne das Buchpreisbloggen überhaupt zu »Die nicht sterben« gegriffen hätte.


Dana Grigorcea erzählt in »Die nicht sterben« eine erfrischend moderne Variante des Dracula-Mythos mit der richtigen Portion Historie, Fantasie und Gegenwartskritik. Inklusive eines kleinen Seitenhiebes auf »Twilight«, was mich als zugegebenermaßen früheres Fangirl doch arg erheitert hat.


Samstag, 11. September 2021

Neu im Bücherregal - Die August-Bücher 2021

Ganz wunderbare Bücher haben sich im Laufe des Augusts hier angesammelt. Und weil ich, wie so oft, jedes Buch gleich direkt lesen möchte, bin ich kurz davor, eine Leseliste für den September zu bauen, damit sich kein Buch vordrängelt oder aus Versehen vergessen wird. Nur sind Leselisten und ich nicht immer die besten Freund*innen, deswegen besteht dieses Vorhaben bisher nur aus einem separaten Bücherstapel, auf welchem sich die beliebtesten Kandidaten für den Platz in meiner Lesehand tummeln. Zwei der August-Bücher habe ich auch schon gelesen und werde noch darüber ausführlich berichten. Deswegen sollte ich nun auch keine Zeit verlieren, es geht nun also direkt weiter, hier die August-Bücher, hurtig-hurtig!

Sonntag, 5. September 2021

Deutscher Buchpreis 2021 - Die Longlist #dbp21

Wieder so eine buchige Tradition, die mir besonders gut gefällt. Der Deutsche Buchpreis! Jedes Jahr hibble ich dem Bekanntgabetermin der Longlist entgegen, gehe auf Jagd nach dem Leseprobenheft, lese interessiert die Leseproben aller nominierten Titel, um sie anschließend bei Twitter mit gifs zu untermalen, schreibe Beiträge zur Long- und Shortlist und freue mich auf die Preisverleihung (mit dem großen Wunschtraum, eines Tages auch bei der Preisverleihung direkt im Kaisersaal des Frankfurter Römer dabei zu sein). 

Dieses Jahr ist der Deutsche Buchpreis ganz besonders für mich, denn ich bin eine von 20 Buchpreisblogger*innen. Jede*r von uns bekommt ein Patenbuch aus der Longlist zugewiesen, welches wir lesen, rezensieren und diskutieren. Außerdem habe ich so direkt ein Leseprobenheft zugeschickt bekommen, die Jagd war dieses Jahr also relativ unspektakulär (mein Wunschtraum mit dem Kaisersaal würde sich dieses Jahr auch eigentlich erfüllen, denn ich habe eine Einladung bekommen, nur werde ich aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie nicht zur Frankfurter Buchmesse fahren. Sehr schade. Vielleicht klappt das irgendwann anders mal). 

Um die Spannung nicht unnötig in die Länge zu treiben, verrate ich direkt mein Patenbuch für den Deutschen Buchpreis: "Die nicht sterben" von Dana Grigorcea. Ich bin ganz ehrlich, ich hatte das Buch bisher so gar nicht auf dem Schirm, bin aber deswegen umso gespannter es zu lesen. 

Überhaupt enthält die Longlist dieses Jahr für mich einige unerwartete und unbekannte Bücher. Bisher habe ich auch nur ein einziges nominiertes Buch gelesen ("Identitti" von Mithu Sanyal. Wirklich großartig!). Ein weiteres nominiertes Buch habe ich letztens gekauft ("Drei Kameradinnen" von Shida Bazyar) und mal sehen, welche Leseproben mich noch dazu bringen werden, die dazugehörigen Bücher zu lesen.

Kommen wir nun aber zur Bewertung. Bei Twitter findet ihr hier den Thread mit passenden gifs zur jeweiligen Leseprobe. Hier folgt nun die höchst offizielle Besprechung inklusive der Smiley-Skala  (😃, 😐, ☹️), einer Zusammenfassung des jeweiligen Textes in einem Satz und einem Lieblingssatz.