California. The summer of 1969. In the dying days of a floundering counter-culture a young girl is unwittingly caught up in unthinkable violence, and a decision made at this moment, on the cusp of adulthood, will shape her life....
Kein englischer Text zu einem englischen Buch. Es war schwierig genug, "The Girls" auf Englisch zu lesen, was einerseits mit der eingerosteten Fremdsprache und andererseits mit dem Buch selber zu tun hatte. Denn – und es tut mir leid, das sagen zu müssen – aber DAS Sommerbuch 2016 hat mich komplett kalt gelassen.
An "The Girls" kam man in den letzten Wochen gefühlt gar nicht vorbei. Egal, ob auf Englisch oder Deutsch, das Buch war in aller Munde, auf allen Instagram-Kanälen, in jedem Twitter-Stream. Dermaßen beeinflusst konnte ich nicht anders und las "The Girls". Hauptsächlich in Slowenien, weswegen das Buch immer noch klebt. Sonnencreme, kennt man ja. Außerdem hätte man streckenweise ATM als Fotomodells nutzen können, denn wir lasen das Buch zeitgleich. Nebeneinander. Ein großer Spaß. Wenigstens bei den Rahmenbedingungen. Inhaltlich hört der Spaß dann auf.
Sommer 1969. Evie Boyd ist ein junges, gelangweiltes Mädchen. Sie begegnet den Mädchen, die eine besondere Anziehungskraft auf sie ausüben. Lange Haare, luftige Kleidung, barfuß, skeptisch beobachtet vom Rest der Bevölkerung. Evie lässt sich treiben, verbringt immer mehr Zeit auf der Farm, einem abgelegenen Grundstück, auf dem Russell seine Anhänger um sich schart. Mit Drogen und Sex bindet Russell Evie immer enger an sich und die Mädchen. Bis eine grausame Tat Evie aufrüttelt. So jedenfalls erzählt es Evie Jahre später in der Rahmenhandlung, bei der sie das Haus eines alten Freundes hütet und auf dessen Sohn und seine Freundin trifft.
Oh, die 70er-Jahre. Gut, das Buch spielt 1969, aber trotzdem. Mit Hippies kann ich komplett nichts anfangen. Und deswegen habe ich Evies Faszination für langhaarige, barfüßige Mädchen, die Drogen nehmen und Sex mit einem Pseudo-Guru haben, komplett nicht nachvollziehen können. Für mich zog sich die Lektüre wie Kaugummi. Ein Kaugummi, der mich sehr verwirrte, weil Emma Cline ständig Zeit- und Ortssprünge einbaut. Der Wechsel zwischen 1969 und heute findet manchmal so abrupt statt, dass ich einen Absatz häufiger lesen musste, um zu verstehen, welche Personen da jetzt plötzlich aufgetaucht sind, weil diese im vorherigen Absatz noch gar nicht geboren waren.
Die
"unthinkable violence" sowie die ganze Geschichte um
"The Girls" ist angelehnt, an die
Manson Family, eine Hippie-Kommune, die Ende 1960 mehrere Menschen ermordet hat, darunter die schwangere Frau von Roman Polański. Im Buch schwebt dieses Ereignis die ganze Zeit über der Geschichte, es werden Andeutungen fallen gelassen, doch bis zum Ende weiß man nicht genau, welche Rolle Evie dabei gespielt hat. Erst ungefähr 50 Seiten vor Schluss beschreibt Emma Cline, was Russell seinen
Girls aufgetragen hat. Und erst in diesem Moment schafft es die Autorin mich wenigstens halbwegs zu fesseln. Aber ich glaube nicht, dass das an meinem heimlichen Vergnügen an Gewaltfantasien liegt. Sondern eher daran, dass erst dann überhaupt etwas passiert.
Die Charaktere bleiben die ganze Zeit über farblos, austauschbar und handeln ohne erkennbares Motiv. 350 Seite lang wird versucht, das Gefühl der 70er aufzubauen, aber es kommt nichts bei mir an. Drogen und Sex sollen skandalös wirken, diese Wirkung verpufft aber ob der zahllosen Wiederholungen der immergleichen Abläufe. Vielleicht bin ich in der Hinsicht aber auch schon abgestumpft. Ich hatte mir einfach einen tieferen Einblick in die damalige Zeit erwartet. Und eine interessantere Beziehung zwischen den Mädchen.
So bleibe ich enttäuscht zurück und frage mich, was die restlichen Leser des Buches anders gemacht haben. Hätte ich das Buch lieber auf Deutsch lesen sollen? Fehlt mir prinzipiell der Zugang zu diesem Jahrzehnt, dieser Lebenseinstelllung? Falls mir da jemand weiterhelfen kann, gerne!