Sonntag, 30. Juli 2017

Panikherz von Benjamin von Stuckrad-Barre.


Originalausgabe - Erschienen bei Kiepenheuer & Witsch - 2016

Benjamin von Stuckrad-Barre erzählt eine Geschichte, wie man sie sich nicht ausdenken kann: Er wollte den Rockstar-Taumel und das Rockstar-Leben, bekam beides und folgerichtig auch den Rockstar-Absturz. Früher Ruhm, Realitätsverlust, Drogenabhängigkeit. Udo Lindenbergs rebellische Märchenlieder prägten und verführten ihn, doch Udo selbst wird Freund und später Retter. Und dann eine Selbstfindung am dafür unwahrscheinlichsten Ort – im mythenumrankten Hotel »Chateau Marmont« in Hollywood. Was als Rückzug und Klausur geplant war, erweist sich als Rückkehr ins Schreiben und in ein Leben als Roman. Drumherum tobt der Rausch, der Erzähler bleibt diesmal nüchtern. Schreibend erinnert er sich an seine Träume und Helden – und trifft viele von ihnen wieder, am Ende auch sich selbst.

Zum Einstieg: Ich bin kein Fan von Udo Lindenberg. Ehrlich gesagt habe ich den Herren mit dem Hut und der Sonnenbrille und dem Wohnsitz im Hotel nicht wirklich als Musiker in meinem Kopf gespeichert. Der tritt manchmal im Fernsehen auf, oder? Und will mit einem Sonderzug nach Pankow. Musicalreif. Mehr Assoziationen gibt es bei mir nicht. 

Bei Benjamin von Stuckrad-Barre sieht das schon anders aus. Während der Ausbildung zur Buchhändlerin hat mir ein lieber Kollege sowohl "Soloalbum" als auch "Livealbum" ans Herz gelegt. Das ist nun aber fast 10 Jahre her, 2008 wurden die beiden Bücher mit Freude von mir gelesen. Danach ebbte die Beziehung zwischen Stucki und mir ab. Zuletzt habe ich ihn in einer alten Folge der Harald Schmidt Show gesehen, eine gar großartige Folge, in der Harald Schmidt als Claus Peyman mit Benjamin von Stuckrad-Barre eine Hose kaufen geht (mit der Chronologie hab ich es nicht so, Herr Gatsby und ich gucken uns häufig sehr alte Folgen von Harald Schmidt an). 

"Ich habe einen Knoten im Kopf: Wenn Ellis etwas vorgeblich Selbstbezeugtes live überträgt, ohne selbst dabei zu sein, und wenn ich hier auf dem Balkon stehe, auf dem sein Held stand in dem Buch, das es gar nicht gibt, und wenn Knausgård jetzt also 600 Seiten lang Milch einkaufen ginge – was zur Hölle würde das dann alles bedeuten?", Seite 212.

Nun also "Panikherz", Stuckrad-Barres Denkmal an Udo Lindenberg. Denn genau das ist es. Ein Denkmal an einen Künstler, der ein ganzes Leben geformt hat. Unbewusst. Und so sehr der Spruch auf dem Cover-Sticker am Anfang noch absurd wirkt ("Es ist schon ein Flash, das mal so im Ganzen zu lesen, wie meine Songs da durch ein ganzes Leben geistern." – Udo Lindenberg), so wahr ist er doch, wenn man die 564 Seiten beendet hat. 

"Ich sitze mit Udo auf dem Balkon, wir schauen auf den Pool. Nichts ist ja schöner als ein beleuchteter Pool bei Nacht, dieses schimmernde Türkis, automatisch blickanziehend, wie ein Glas Absinth oder das grüne Licht im großen Gatsby.", Seite 67.

Benjamin von Stuckrad-Barre (darf ich an dieser Stelle kurz erwähnen, dass ich mir bei diesem Namen ein wohliger Schauer über den Rücken fährt? Kann man in einen Namen verliebt sein? Anscheinend schon) entblößt sich bis aufs Letzte und macht den Leser zum heimlichen Beobachter eines Verfalls, eines Absturz mit Ansage. Vom Plakatekleber zum Gag-Schreiber für Harald Schmidt, vom Bestseller-Autor zum Patienten in einer, nein, mehreren Entzugskliniken. Benjamin von Stuckrad-Barre ist magersüchtig, kokainabhängig, musikbegeistert, talentiert, nervlich am Abgrund. Und im Gegensatz zu anderen Romanen über Drogenabhängigkeit schafft es Stucki mich mit jeder Seite, mit jeder Zeile mehr an sich zu fesseln. Und dann ist da noch Udo Lindenberg.

"... und obwohl selbst in der niedersächsischen Einöde aufgewachsen, empfand auch ich mich als Gesinnungsnorddeutscher und Kind des Nordseestrandes, der Hafen war auch mein Sehnsuchtsgebiet, da bekam ich Heimweh der verlässlichsten Sorte, nämlich nach einer Heimat, die es nie gegeben hat.", Seite 134.

Udo Lindenberg ist nicht Benjamins Retter in strahlender Rüstung. Er ist selbst kaputt und schafft es doch auf seine ganz eigene verquere Weise dem jungen Mann die Hand zu reichen, um den Aufprall etwas abzumildern. Benjamin von Stuckrad-Barre mag seinen Kindheitshelden glorifizieren, macht das aber so herrlich sympathisch, dass man nichts zu meckern hat. 

Und weil ich gerade von Kindheitshelden gesprochen habe, möchte ich eine Episode aus dem Buch hervorheben, die mir das Herz gebrochen hat. Benjamin von Stuckrad-Barre guckt sich im Drogenrausch eine neue Folge von Harald Schmidt an, in der sich diese Lichtgestalt über ihn, den gefallenen Sohn, öffentlich lustig macht. Was macht es mit einem, wenn der eigene Held einen selbst als Witzfigur betrachtet? Diese Frage stellt sich Benjamin Jahre später wieder als er mit Bret Easton Ellis in Hollywood sitzt. Was man eben so in den USA tut. 

Und so zieht sich durch "Panikherz" nicht nur die Bewunderung zu Udo Lindenberg, sondern zu so vielen Berühmtheiten, die das Leben von Benjamin von Stuckrad-Barre auf die eine oder andere Weise berührt haben. Eine vorzügliche Biografie, der man ein gutes Ende wünscht. Wie auch immer das aussehen mag. 

"Gut gepasst hätte jetzt diese dezent eingeschnappt klingende Navigationssystemstimme: 'Sie haben Ihr Ziel erreicht'.", Seite 66.

Sonntag, 16. Juli 2017

Eine Reise-Breze in Marokko

Der Koffer ist ausgepackt, die Mitbringsel präsentiert und die Fotos durchsortiert – nach einer Woche Marokko mit Ayla und Tina (unter dem Hashtag #atmgoesmorocco findet man bei Instagram und Twitter noch weitere Einblicke) bin ich zurück voller neuer Eindrücke und Erinnerungen.

Was haben wir doch alles im Voraus gehört. Passt auf euch auf! Cremt euch alle 5 Minuten mit Sonnencreme LSF 100+ ein! Fahrt nicht in die Wüste und bringt (keine) Kamele mit nach Hause.

Und was ist passiert?

Wir wurden nicht entführt, ich hatte nur einmal panische Angst, dass in unsere airbnb-Wohnung eingebrochen wird (weswegen Tina mit mir Händchen haltend ins Erdgeschoss laufen musste), selbstverständlich habe ich  gestreiften Sonnenbrand an den Beinen, wir waren in einer Steinwüste und sind mit Dromedaren (Kamele gibt es nicht, so heißt nur die Tierfamilie. Dromedare gehören zu den Altweltkamele und haben einen Höcker, Trampeltiere hingegen zwei #wikipedia) über die Autobahn geritten.

Wir wurden wahlweise als "Snow White", "Lady Gaga", "Spice Girls" oder "Hannah Montana" betitelt, meistens noch mit den Adjektiven "lovely" oder "nice" verziert. Wir haben fantastisch gegessen, egal ob Kefta Tajine, Sfenj, Orangen mit Zimt oder Linsen und Bohnen als Vorspeise. Vitamin C gab es in Form von Orangensaft für 5 Dirham.

Wir flanierten durch den Garten von Yves Saint Laurent, lagen gemütlich in unserem Riad am Mini-Pool in Marrakesch, am nebligen Strand und auf der beeindruckenden Dachterrasse unserer airbnb-Wohnung in Essaouira. Selbstverständlich habe ich es geschafft viel zu wenige Bücher mitzunehmen (dafür waren die beiden Bücher ausgesprochen gut, dazu aber demnächst mehr), saß deswegen auf dem Trockenen und musste mich mit E-Books auf meinem Handy trösten.

40 Grad sind in Marrakesch gar nicht so unangenehm durch die schattigen Gassen und in Essaouira gab es Gänsehaut unterm Sonnenschirm.

Trotzdem oder gerade deswegen – ein sehr entspannter Urlaub. 


Sonntag, 2. Juli 2017

Neu im Bücherregal - Die Juni-Bücher 2017

Paroles, Paroles, Paroles! So singt Dalida sehr richtig. Zu Dalida habe ich beim Filmfest München ein Biopic gesehen und seitdem höre ich plötzlich französische Schlager. So auch jetzt. Und bei all den Worten, nur Worten, die sich zwischen den hier abgebildeten Buchdeckeln befinden, könnte man sich die Frage stellen, wann genau ich das alles lesen soll. Aber hey – eine kurze Recherche hat ergeben, dass ich von den 11 neuen Büchern im Juni 2016 genau 2 gelesen habe. Die Quote steht also auf meiner Seite. Nicht. Lustiger Zufall aber: Auch 2017 steht im Juni wieder ein Buch von Antonia Baum auf der Liste. Welche Bücher sonst noch so dabei sind, sieht man hier: 


Blankets von Craig Thompsons. Nach "Ein Sommer am See" und "Baby's in black" eine weitere Graphic Novel und ein Geschenk von Herrn Gatsby. Gelesen habe ich das Buch auch schon und bin sehr angetan von der Komposition aus Bildern und Geschichte. 

Gotland von Michael Stavarič. Beim Indiebookday entdeckt und nun ins Bücherregal gepackt. Es geht um einen Mann auf der Suche nach Gott. Oder so. Ich erhoffe mir eine ähnliche großartige Lektüre wie von Saša Stanišić.

4 3 2 1 von Paul Auster. Hallo, du Schönheit. Seit Monaten schleich ich um dieses Buch herum, jetzt habe ich es mir zum Geburtstag gewünscht und schwupps, ist es auch da. Und es ist so schön. Und schwer. Und Paul Auster widmet das Buch Siri Hustvedt, was mein kleines Romantiker-Herz entzückt. Wann ich die 1259 Seiten jemals bezwingen soll, weiß wohl niemand.

Tony Soprano stirbt nicht von Antonia Baum. Da! Hab ich es nicht oben schon erwähnt? Der Juni ist wohl ein Baum-Monat. Mal sehen, ob ich es bis Juni 2018 schaffe, wenigstens eins der beiden Baum-Bücher zu lesen. 

Peter Pan von J. M. Barrie. Stellt euch dieses Buch bitte nur zur Hälfte auf dem Bild vor, denn dieses Buch teile ich mir mit Herrn Gatsby. Deswegen muss er mir auch immer vor dem Schlafen gehen daraus vorlesen. Dabei konnten wir schon feststellen, dass "Peter Pan" voll die grausame Geschichte ist! Mr. und Mrs. Darling müssen nämlich nach Wendys Geburt erstmal zwei Wochen überlegen, ob sie Wendy überhaupt behalten. Und das Kindermädchen Nana wird zu Unrecht in die Hundehütte geschickt! Wie soll man denn da schlafen können?

Das weiße Leintuch von Antanas Škėma. Immer diese Blogger-Empfehlungen. Weil Herr 54books mich bei der Leipziger Buchmesse zum Stand des Guggolz Verlages mitgenommen hat, habe ich deren Verlagsvorschau mitgenommen, was dann dazu geführt hat, dass mir eben jenes Buch ins Auge sprang. Kurz hatte ATM überlegt, dieses Buch in den ATM-Buchclub aufzunehmen (oder steht das immer noch in der Planung?), jetzt habe ich es aber erstmal von Herrn Gatsby zum Geburtstag bekommen. Litauische Literatur!

Die zwei Gesichter des Januars von Patricia Highsmith. Das kommt dabei heraus, wenn man über den Lisar-Bücherflohmarkt flaniert. Die Verfilmung des Buches habe ich schon mal gesehen und fand sie ganz nett. Von Highsmith wollte ich eh endlich mal was lesen (wir ignorieren an dieser Stelle den Fakt, dass "Der talentierte Mr. Ripley" bereits in meinem Regal steht ... ungelesen). Außerdem hat die Bücherflohmarkt-Verkäuferin gemeint, sie hat sich das Buch damals als Urlaubslektüre für Griechenland gekauft, "weil das Buch ja in Griechenland spielt". Guter Grund. 

Swing Time von Zadie Smith. Von Zadie Smith steht "Von der Schönheit" bisher ungelesen im Bücherregal und wenn ich etwas gut kann, dann weitere Bücher von bisher ungelesenen Autoren ranschaffen. Wie auch hier. 

Shotgun Lovesongs von Nickolas Butler. Ein weiterer Lisar-Bücherflohmarkt-Find. Bei dem ich sehr gehadert habe, denn das Buch hat anscheinend schon mal mit Wasser eine nähere Bekanntschaft geschlossen und ist deswegen ein bisschen aus der Form geraten. Aber bei einem Euro Kaufpreis und der heftigen Empfehlung eines Arbeitskollegen kann man dann auch nichts mehr dagegen sagen. Vorerst. 

Hagard von Lukas Bärfuss. Einer meiner Favoriten beim Preis der Leipziger Buchmesse. Creepy Verfolgungsgeschichten sprechen meine niederen Instinkte an. 

Die Tochter der Patientin von Felix Bonke. Beim Hörgang lauschten wir noch dem Autor, nun ist das Buch in meine Lesefinger gelangt. Nach der Lektüre muss ich zugeben, dass ich ein bisschen zu euphorisch war. Die Geschichte selbst ist schon ganz nett, aber die Charaktere interagieren ein wenig zu monoton, vorhersehbar und ohne Entwicklung. Dafür hab ich das wunderschöne Wort "Delta-Dackel" kennengelernt. 

Alle Toten fliegen hoch - Amerika von Joachim Meyerhoff. Ich hatte schon erwähnt, dass ich mir dieses Buch kaufen musste, nachdem wir Joachim Meyerhoff im Deutschen Schauspielhof in "Die Schule der Frauen" gesehen haben. Schauspiel hat jetzt erstmal wenig mit der Schreibqualität zu tun, aber – oh, wie großartig ist Meyerhoff bitte? Die weiteren Bände der "Alle Toten fliegen hoch"-Reihe sind schon so gut wie gekauft und ich freue mich einen Ast ab, dass im Herbst schon Band 4 erscheint.

Samstag, 1. Juli 2017

Fotobreze - Juni 2017

Der Juni ist ein guter Monat, weil Geburtstagsmonat und wenn man dann auch noch nach Hamburg fahren kann, ist das ja wohl genug Grund, diesem Monat den Stempel "Gut" aufzudrücken". Zwei Wochen Urlaub sorgten außerdem dafür, dass ich sowohl mein Lese- als auch mein Entspanntheitskonto auffüllen konnte. Deswegen folgen nun viele entspannte Fotos mit einem großen Draußen-Anteil. Grün, grün, grün! Und blau.


// Einmal bitte komplett einpacken, danke. Wer gerade in Hamburg weilt: Bei Winkel van Sinkel gibt es derzeit G20-bedingt 20 % auf alle Pflanzen! Ach, wäre ich doch noch da! //
// Ist es eigentlich noch Street Art, wenn der Toast im Hausflur hängt? //
// Schöne Buchhandlungen gehen immer. Hier im Bild: cohen + dobernigg. Mehr Hamburg-Tipps gibt es im letzten Beitrag //


// Herr Gatsby und ich üben jetzt schon mal das Rentnerdasein – auf einer Parkbank sitzen und lesen. Klappt super //
// Wenn die Ufo-Pflanze Babys bekommt, hüpft mein Herz vor Freude //
// Und im Osten kann es doch auch ganz  nett sein. Hier: Halle //


// Alte Angestellten-Regel: Wer zwei Wochen Urlaub macht, sollte danach mit Gebäck in die Arbeit zurückkehren //
// Südfranzbrötchen ist mir als Username dann doch zu lang, aber es wäre auch sehr passend //
// Geburtstagskuchen auf Finnisch. Läuft bei mir! Danke J und D! //


// Dieses Draußen kann schon manchmal ganz schick sein //
// Hallo Köln! Arbeitstechnische Kurzbesuche sind doch immer nett //
// Dramatic Himmel is dramatic. Und das alles, um auch mal beim Tollwood gewesen zu sein //


// Der arbeitstechnische Kurzbesuch in Köln hat mein Fangirl-Herz erfreut, weil ich ein Foto von einem Foto von Jan Böhmermann machen konnte. Läuft! //
// Das Geburtstagskind freut sich sehr //
// Filmfest München bedeutet, dass man sich endlich mal Kinokarten für das teuerste Kino in München leisten kann. Ha! Dafür gibt es da Fußhocker an jedem Platz und extrabreite Sitze //