Freitag, 20. April 2018

One of us is lying von Karen M. McManus.


Originaltitel: One of Us Is Lying - Aus dem Amerikanischen von Anja Galić - Erschienen bei cbj - 2018 - Herzlichen Dank für das Rezensionsexemplar!

An einem Nachmittag sind fünf Schüler in der Bayview High zum Nachsitzen versammelt. Bronwyn, das Superhirn auf dem Weg nach Yale, bricht niemals die Regeln. Klassenschönheit Addy ist die perfekte Homecoming-Queen. Nate hat seinen Ruf als Drogendealer weg. Cooper glänzt als Baseball-Spieler. Und Simon hat die berüchtigte Gossip-App der Schule unter seiner Kontrolle. Als Simon plötzlich zusammenbricht und kurz darauf im Krankenhaus stirbt, ermittelt die Polizei wegen Mordes. Simon wollte am Folgetag einen Skandalpost absetzen. Im Schlaglicht: Bronwyn, Addy, Nate und Cooper. Jeder der vier hat etwas zu verbergen – und damit ein Motiv...

Als ich "One of us is lying" zum ersten Mal (in der englischen Ausgabe) entdeckt habe, hatte ich mir davon eine ebenso gute Lügengeschichte wie bei "Solange wir lügen" versprochen. Außerdem wurde das Buch mit "The Breakfast Club" verglichen, einen Film, den ich schon lange sehen möchte. Wohlwollende Voraussetzungen für die Lektüre.

Doch dazu kam es nicht.

(Uh, das klingt so schön nach Clickbaiting!)

Auf Seite 139 musste ich das Buch abbrechen. Und ich breche wirklich selten Bücher ab, weil ich eigentlich immer wissen will, wie die Geschichte endet. Doch bei "One of us is lying" war bereits nach einem Drittel der Seiten der Punkt erreicht, an dem ich die bisher schon investierte Lesezeit gerne zurückfordern wollte. Normalerweise würde ich noch einmal die Augen verdrehen und das Buch in den Bücherschrank stellen. Nachdem ich das Buch aber als Rezensionsexemplar erhalten habe, möchte ich die Gründe, weswegen "One of us is lying" für mich zum Abbruchkandidaten wurde, festhalten.

Mir war von Anfang an klar, dass bei einem Buch, welches an einer High School spielt, auch Klischees bedient werden. Aber man kann Klischees bedienen und das kreativ nutzen oder man kann Klischees bedienen und diese unreflektiert stehen lassen. Natürlich haben wir die Streberin in der Runde, natürlich die Schönheit, den Sportler, den Außenseiter und einen, der unbedingt dazugehören will. Natürlich wollen diese Personen nichts miteinander zu tun haben. Aber so platt wie bei "One of us is lying" wurden Protagonisten schon lange nicht beschrieben. Und das sage ich als Fan von "High School Musical"!



Wenden wir uns noch kurz einer Protagonistin zu, die es auf den wenigen von mir gelesenen Seiten schafft, 100 Jahre Feminismus mit den Füßen zu treten. Hallo Addy! Addy ist die Schöne aus der Runde der Verdächtigen und selbstverständlich mit einem der beliebtesten Jungs der Schule zusammen. Und auch, wenn mir mehrere Leser versichert haben, dass Addy noch eine gewaltige Entwicklung durchmacht, komme ich über folgenden Satz einfach nicht hinweg:

"Ich weise Jack nie ab, weil ich immer an das denken muss, was meine Mutter auf der Fahrt zu meinem ersten Frauenarzttermin zu mir gesagt hat: Wenn du zu oft Nein sagst, wird schon bald eine andere Ja sagen." Seite 62.

Weil das noch nicht reicht, zieht sich Addy selbstverständlich so an, wie es der liebe Freund gerne hätte und wird so zum netten Accessoire des netten Freundes. Ich muss leider ein bisschen brechen.

Nachdem ich dann auch noch das Ende des Buches erraten habe, konnten mich die verbliebenen Seiten des Buches wirklich gar nicht mehr locken. Vielleicht entgeht mir dabei eine ganz großartige Geschichte, die sich erst auf den folgenden Seiten entwickelt. Vielleicht würden mich die Protagonisten überraschen. Vielleicht bin ich doch zu hart mit meinem Urteil. Aber wenn es eine Autorin nicht schafft, wenigstens ein wenig Interesse beim Leser zu wecken, dann ist mir meine Lesezeit zu kostbar, um sie weiter in dieses Buch zu stecken.

Wie seht ihr das? Ab welchem Punkt brecht ihr Bücher ab? Hat jemand von euch "One of us is lying" gelesen und wie fällt euer Urteil aus? 

1 Kommentar:

Birgit hat gesagt…

Deine Rezension hat mich wirklich sehr interessiert, weil ich dem Buch 5/5 gegeben habe. Ich habe zwar keine öffentliche Rezension verfasst, mache mir aber immer privat Notizen über die Bücher, die ich gelesen habe:

"Für mich ist One Of Us Is Lying definitiv ein Highlight meines bisherigen Lesejahres. Die Geschichte fesselt von der ersten bis zur letzten Seite, besonders da alle Hauptcharaktere lebensnah und echt wirken. Man hat das Gefühl, dass Addy, Bronwyn, Cooper und Nate zu Freunden werden – mit allen Stärken und Schwächen, Geheimnissen und einer Entwicklung, die jeder einzelne durchmacht. Sie wachsen alle an den Unglücksfall, der sie verbindet – ihr Mitschüler Simon starb während einer Nachsitzstunde, zu der sie aufgrund von untergeschobenen Handys gehen mussten. Simon wollte über jeden der vier etwas in seiner Klatsch-App veröffentlichen, doch würde tatsächlich einer von ihnen so weit gehen, ihn dafür zu ermorden? Die Spannung hält sich bis zuletzt, und die Auflösung überzeugt. Sogar der Epilog entlässt froh gestimmt. Daumen hoch für One Of Us Is Lying! Ich könnte mir vorstellen, das Buch später noch einmal zu lesen."

Addy wirkt so lebensnah auf mich, weil es extrem viele Amerikanerinnen gibt, die genauso handeln. Ich denke jetzt gerade an eine Recherche von Jodi Picoult, die erschrocken darüber war, wie extrem Teenagerinnen handeln -- sogar noch extemer als Addy hier geschildert wird. Das Gute an dieser Geschichte ist, dass Addy wirklich eine Entwicklung durchmacht -- und sogar später darauf verzichtet, sich schnell wieder auf eine neue Beziehung einzulassen. Sie sagt dazu: „[…] [M]ir wird allmählich klar, dass es Dinge gibt, die man nie mehr rückgängig machen kann, ganz gleich, wie sehr man es sich wünscht.“ (S. 419)

Ich hatte das Buch von der Bibliothek geliehen, denke aber darüber nach, es mir anzuschaffen (siehe Rezension).

Ich breche übrigens selten Bücher ab, aber manchmal muss es sein. In letzter Zeit ist mir das zum Glück nicht passiert.

Viele Grüße,
Birgit