Sonntag, 3. September 2023

Lesezeit im August 2023

Dieser August war wild und ich kann gar nicht genau sagen, warum überhaupt. Genauso wenig wie ich sagen kann, wie ich in einem so vollen Monat so viele Bücher lesen konnte. Möglicherweise ist das mein verstecktes Talent: Bücher lesen, ohne dass ich es selbst merke. Erinnern kann ich mich aber trotzdem sehr gut an die ganz unterschiedlichen Lektüren, einige davon werden auch sicherlich noch lange nachwirken.

Insgesamt habe ich im August elf Bücher gelesen, drei davon fürs Dicke-Bücher-Camp, und bevor jemand sagt, dass ich nicht zählen kann, zwei Bücher fehlen auf dem Sammelfoto:


»Geschlossene Gesellschaft« von Jean-Paul Sartre. Übersetzt von Traugott König.
Im Buchclub geht es ambitioniert zu, denn neben unserer eigentlichen Lektüre »Die Diplomatin« von Lucy Fricke haben wir beschlossen, noch ein zweites Buch zu lesen, nämlich dieses hier. Mit schmalen 76 Seiten geht das aber klar. Hat mir auch recht gut gefallen. 

»Gebranntes Kind sucht das Feuer« von Cordelia Edvardson. Aus dem Schwedischen von Ursel Allenstein.
Mir fehlen hier ein wenig die Worte, weil die Lektüre von »Gebranntes Kind sucht das Feuer« so intensiv ist. Das Buch ist bereits in den 80er Jahren erschienen, ist dann aber in Vergessenheit geraten und nun von Ursel Allenstein neu übersetzt und mit einem Nachwort von Daniel Kehlmann veröffentlich worden. Cordelia Edvardson verarbeitet in »Gebranntes Kind sucht das Feuer« ihre eigenen KZ-Erfahrungen und ihre schwierige (welch Untertreibung!) Beziehung zu ihrer Mutter. Ich wünsche diesem Buch viele aufmerksame Leser*innen und einen festen Platz zwischen Imre Kertész und Primo Levi.  

»Die Gouvernanten« von Anne Serre. Aus dem Französischen von Patricia Klobusiczky.
Überraschend zugesandt vom Berenberg Verlag bin ich sehr entzückt von dieser schmalen Lektüre, in der drei Gouvernanten lustvoll durch den Garten flanieren. »Halb zog sie ihn, halb sank er hin« hat als Beschreibung nie besser gepasst. 

»Der Kaninchenstall« von Tess Gunty. Aus dem Englischen von Sophie Zeitz.
Instagram made me buy it. Aber ich muss leider sagen, für mich ist bei »Der Kaninchenstall« der Hype nicht wirklich aufgegangen. Mir waren es leider viel zu viele Protagonist*innen, die viel zu farblos und nüchtern geblieben sind. Ein bisschen mehr Fokus hätte der Geschichte gut getan. 

»Daisy Jones & The Six« von Taylor Jenkins Reid. Aus dem Amerikanischen von Conny Lösch.
Nach »Die sieben Männer der Evelyn Hugo« und »Carrie Soto is back« war es Zeit für ein weiteres Buch von Taylor Jenkins Reid. Und die fiktive Bandbiografie hat mir wirklich gut gefallen. Danach habe ich auch direkt begonnen die Serie zu gucken, bei der mich einige gravierende Änderungen verwirren. Bevor der Sommer wirklich zu Ende geht, habe ich mir nun auch direkt als nächste Lektüre »Malibu Rising« besorgt. 

»Das Liebespaar des Jahrhunderts« von Julia Schoch.
Letzten Oktober habe ich mit viel Vergnügen »Das Vorkommnis« gelesen, nun war es Zeit für den zweiten Teil der »Biografie einer Frau«. Hier kreist Julia Schoch behutsam um die Frage, was passiert, wenn sich eine Frau nach vielen Jahren Beziehung von ihrem Mann trennen möchte. »Heute wünschte ich, Erzählen würde nicht automatisch bedeuten, alles liegt in der Vergangenheit.« (Seite 50)

»Die Schönheit der Differenz« von Hadija Haruna-Oelker.
Dicke-Bücher-Camp-Lektüre Nummer 3. Sehr persönlich erzählt Hadija Haruna-Oelker von unterschiedlichen Diskriminierungsformen und wie wir mehr Rücksicht aufeinander nehmen können. Für mich gab es bei der Lektüre leider wenig neue Denkansätze, aber wer sich bisher noch nicht so viel mit Intersektionalität beschäftigt hat, findet mit diesem Buch einen guten Einstieg.

»Ein einfaches Leben« von Min Jin Lee. Aus dem amerikanischen Englisch von Susanne Höbel.
Dicke-Bücher-Camp-Lektüre Nummer 4. Die Familiengeschichte in »Ein einfaches Leben« ist sehr schön erzählt, weil allen Protagonist*innen Zeit gegeben wird, ihren eigenen Platz in der Geschichte zu finden. Gleichzeitig gab es durch die Fülle an Protagonist*innen keinen roten Faden. Mich hat es massiv verwirrt, dass die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki gar nicht erwähnt wurden (oder hab ich das überlesen?), weil das doch einschneidende Ereignisse für das gesamte Land waren. Ich bin mir noch unsicher, ob ich nun wirklich die Serie zum Buch, »Pachinko«, sehen möchte.

»Neue Vahr Süd« von Sven Regener.
Dicke-Bücher-Camp-Lektüre Nummer 5. Man mag sich nun fragen, wo dieses Buch so plötzlich herkommt. Wie schon »Herr Lehmann« war auch dieses Buch das gemeinsame Vorlesebuch von Herrn Gatsby und mir und pünktlich zum Ende des Dicke-Bücher-Camps sind wir endlich damit fertig geworden. Die Bundeswehr ist schon ein eigenartiger Ort. »Schon weg sein, schon wieder hier sein.« Bald geht es dann mit »Der kleine Bruder« weiter im Lehmann-Universum. 

Nicht auf dem Foto:

»Hässlichkeit« von Moshtari Hilal.
Moshtari Hilal bewegt sich in »Hässlichkeit« formfrei zwischen Essay, Lyrik, Fotocollage und Memoir und erzählt sehr persönlich von verschiedenen Körperlichkeiten, die als hässlich empfunden werden. Eine ganz eigene Lektüre, die noch lange nachhallt.

»Sauhund« von Lion Christ.
Flori ist in einem kleinen bayerischen Dorf aufgewachsen und will nur eines: raus! Raus und rein in die große, schillernde Großstadt – München! Denn in den 80er Jahren gibt es hier eine blühende Schwulenszene und da will Flori hin. Und so torkelt er von Bar zu Bar, von einer Klappe zur nächsten, immer auf der Suche nach Aufmerksamkeit und der einen großen Liebe. Ich liebe den lakonisch-romantisch-bairischen Stil von Lion Christ und wie er mit viel Liebe zum Detail seinen Protagonisten durch ein längst vergangenes München lotst.

Keine Kommentare: