Montag, 1. April 2024

Lesezeit im März 2024

Wie ich trotz einem vollen Arbeitskalender, der Oscar-Verleihung, Indiebookday und dem Buchmesse-Besuch im März acht Bücher gelesen habe, kann ich mir selbst nicht erklären. Irgendwo zwischen den Büchern muss sich ein Zeitloch verstecken. Oder so ähnlich. Hat sich auf jeden Fall gelohnt, denn da waren einige echt gute Bücher dabei:

»Löwenbaby« von Christina Wessely.
Nachdem mich »Liebesmühe« von Christina Wessely schon sehr begeistert hat, habe ich nun das sehr schmale Bändchen aus der punctum-Reihe von Matthes & Seitz gelesen, in dem Christina Wessely ausgehend von einem eigenen Kindheitsfoto mit einem Löwenbaby die Faszination von solchen gestellten Zoofotos analysiert. Insbesondere die gesammelten Fotos und die Definitionsfrage einer »Ereignisfotografie« haben es mir sehr angetan. 

»Landkrank« von Nikolaj Schultz. Aus dem Englischen von Michael Bischoff.
Es ist heiß in Paris und der Erzähler ist genervt: »Das Anthropozän ist offenbar kein guter Ort zum Schlafen.« (Seite 18) Deswegen fährt er mit einem Boot auf eine kleine Insel im Mittelmeer und versinkt in Grübeleien über die Klimakatastrophe und den Massentourismus. Prinzipiell lese ich sehr gerne persönliche Essays zu großen gesellschaftlichen Fragen, nur wirkt es in »Landkrank« dadurch so, als wäre die Klimakatastrophe doch ein sehr individuelles Problem und nicht durch Kapitalismus und Großkonzerne verursacht.  

»Nach den Fähren« von Thea Mengeler.
Dieses Buch habe ich beim Indiebookday 2024 gekauft und direkt gelesen. Und: Dingdingding! Ich liebs! Schon wieder eine Insel, schon wieder Massentourismus, aber dann kommen eines Tages keine Fähren mehr und die Insel wird leerer und leerer und die Leute, die zurückbleiben, ziehen sich zurück. Was bleibt? Erinnerungen. Und Pläne. Und Pfauen. Und Sätze wie »Ein Museum von allem wäre wieder bloß die Welt.« (Seite 144). 

»Who the Fuck Is Kafka« von Lizzie Doron. Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler.
Können eine israelisch-jüdische Schriftstellerin und ein palästinensisch-muslimischer Filmemacher befreundet sein? Ja. Nein. Vielleicht. Die beiden lernen sich auf einer Friedenskonferenz in Rom kennen und versuchen ihre Bekanntschaft oder Freundschaft oder gemeinsame Zeit in Israel fortzusetzen und zu dokumentieren. Der Alltag holt sie aber schnell ein und damit die Vorurteile und der Hass, der so normal geworden ist. Ein traurig-aktuelles Buch.

»Über die Berechnung des Rauminhalts I« von Solvej Balle. Aus dem Dänischen von Peter Urban-Halle.
»Und täglich grüßt das Murmeltier« mit einer Antiquarin, die nicht mehr aus dem 18. November herausfindet und sich im eigenen Haus vor ihrem Mann versteckt hält, denn eigentlich sollte sie doch in Paris sein und alte Bücher kaufen. Ich bin ein wenig verwirrt, aber auch fasziniert, weiß aber noch nicht, ob ich hier die weitere Bände lesen möchte. 

»Salzruh« von Susan Kreller.
Ein weiteres Indiebookday-Buch und ohne mich selbst zu loben, aber da hab ich schon eine echt gute Auswahl getroffen. Wieder geht es um Tourismus, dieses Mal sitzen neun Personen in einer Pension in einem Wald und die Pensionswirtin lässt sie nicht raus. Aus Sicherheitsgründen. Wieso? Diese Frage stellt sich nicht, wer gehen möchte, kann ja gehen, »frei und aus eigenem Entschluss«. Doch niemand wagt es. Stattdessen wird die Pension zum Ort eines gruseligen Kammerspiels, das kein gutes Ende nehmen kann. Sehr schräg, sehr atmosphärisch, sehr bedrohlich – eigentlich so gar nicht meine Lesegewohnheit, aber ich mochte es wirklich sehr. 

»Ich möchte Wein trinken und auf das Ende der Welt warten« von Slata Roschal.
Im Februar war ich bei der Lesung von Slata Roschal und einige Tage später wurde im Buchclub ihr neues Buch als neue Lektüre gewählt. Perfekter Zufall, würde ich meinen. Slata Roschal erzählt von einer Übersetzerin, die in einem Berliner Hotelzimmer sitzt und über ihr Leben nachdenkt, das eigentlich so perfekt scheint, sie aber nicht glücklich macht. Stattdessen lieber Wein trinken und auf das Ende der Welt warten. Gefällt mir.

»Glitterschnitter« von Sven Regener.
Aufmerksame Leser*innen dieses Blogs werden es bereits vermuten: Auch dieses Buch von Sven Regener war wieder ein Vorlesebuch, welches Herr Gatsby mir abendlich vorgelesen hat. Leider hat mir dieses Buch nicht ganz so gut gefallen, weil diese verrückte Kunstszene schon sehr verrückt ist, ich mag den ruhigen Frank Lehmann einfach am liebsten. Es fehlt nun auch nur noch ein Buch aus dem Lehmann-Kosmos, nämlich »Magical Mystery«, aber das nächste Vorlesebuch ist nun erst einmal »Der Wind in den Weiden« von Kenneth Grahame, denn Dachse kamen in letzter Zeit etwas zu kurz.

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